Im Colossal Cave Mountain Park

Arizona ist hauptsächlich für seine Wüsten und Kakteen bekannt. Allerdings ist der US-Bundesstaat auch sehr bergig, viele Gipfel sind sogar mehr als 2500 Meter hoch. Wer genug von der Hitze hat, kann sich in den Höhlen unter diesen Gipfeln etwas Abkühlung verschaffen – beispielsweise in der Colossal Cave bei Tucson 🙂

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Die Colossal Cave ist heute Teil des Colossal Cave Mountain Park, eines der vielen Nationalparks der Vereinigten Staaten. Der Park belegt eine Fläche von knapp zehn Quadratkilometern und liegt etwa 45 Kilometer von Stadtzentrum von Tucson entfernt an der Interstate 10. Am besten nimmt man die Ausfahrt Nummer 279 bei Vail, ab dort sind die knapp zwölf Kilometer bis zur Höhle gut ausgeschildert.

Im Gegensatz zu vielen anderen US-Nationalparks muss man bei der Einfahrt keinen Eintritt bezahlen. Das Gelände ist sehr gut erschlossen und verfügt neben Zufahrtsstraßen und Wanderwegen auch über Picknicktische, Zeltplätze, fest installierte Barbecue-Grills, Wasserstellen und Toiletten. Camping mit Zelt kostet 7,50 US-Dollar (ca. 6,70 €), im eigenen Wohnmobil oder Pferdeanhänger 12 US-Dollar (ca. 10,50 €) pro Nacht.

Auf der Südseite befindet sich auch ein Reitstall, die Posta Quemada Ranch. Wer kein eigenes Pferd hat, kann sich hier für knapp 45 US-Dollar (ca. 40 Euro) pro Stunde eines ausleihen und die Kinder währenddessen im Streichelzoo abgeben (5 US-Dollar bzw. 4,50 Euro für die Tageskarte) 😉

Die Colossal Cave

Die Colossal Cave ist ein etwa fünfeinhalb Kilometer langes Höhlensystem unterhalb des Rincon Peak. Es wurde zwischen 900 vor Christus und 1450 nach Christus von den Indianerstämmen der Hohokam, Sobaipuri und Apache als Versteck genutzt, geriet danach aber wieder in Vergessenheit.

In den 1870er Jahren befand sich in der Nähe des Eingangs die Mountain Springs Ranch mit dem Mountain Springs Hotel und einer Raststation für Pferdefuhrwerke. Im Januar 1879 entdeckte der Besitzer der Ranch, Solomon Lick, die Höhle zusammen mit einigen Begleitern neu. Bei den folgenden Explorationen entdeckte man Zeitungsberichten zufolge Berge von Knochen, haufenweise Exkremente von Fledermäusen, Rußablagerungen von den Feuern der Indianer und etwa 500 Hirschgeweihe. Viele Stalaktiten wurden einfach abgebrochen und als Souvenirs mitgenommen.

Neues Eingangsgebäude mit Souvenirladen

Zur damaligen Zeit standen nur Kerzen und keine brauchbaren Lampen zur Verfügung, daher konnten nur wenige Hundert Meter der Höhle erforscht werden. An eine touristische Nutzung war wegen der stinkenden Fledermausexkremente wohl kaum zu denken.

Neben einigen Postzugräubern, welche sich in den 1880er Jahren hier vor dem Sheriff versteckt haben sollen, dürften nur wenige furchtlose Entdecker den Gang ins Innere gewagt haben. Der Legende nach sollen die Räuber Gold und Silber in der Höhle zurückgelassen haben, bislang wurden aber keine Beweise dafür gefunden.

In den 1910er Jahren ließ ein Unternehmen einen knapp 25 Meter langen Stollen graben und begann mit dem Abbau des „Fledermaus-Guano“, welcher als Dünger verkauft wurde. Der Eingangsbereich war nun endlich freigeräumt und einer touristischen Nutzung stand nichts mehr im Wege. Mehrere Interessengruppen versuchten sich daran, zwischenzeitlich wurde sogar der Bau einer Eisenbahnstrecke ins nahe Vail diskutiert. Umgesetzt wurde nichts davon.

1917 führte Byron Cummings, Archäologieprofessor des Arizona State Museum, zwei Expeditionen durch. Er erstellte die erste Karte und benannte die verschiedenen Formationen in der Höhle. Um diese Zeit entstand auch der Name „Colossal Cave“.

Die Colossal Cave liegt zwar recht weit von Tucson entfernt, aber zwischen 1912 und 1918 verfünffachte sich die Zahl der in den USA zugelassenen motorisierten Fahrzeug. Kurze Abstecher ins Umland wurden für immer mehr Menschen erschwinglich. Das Areal des heutigen Colossal Cave Mountain Park etablierte sich damals als beliebte Gegend für Wanderungen, Picknicks und kurze Abstecker ins Innere der Höhle. Tageszeitungen schalteten ab 1918 sogar entsprechende Anzeigen.

Von Frank Schmidt und anderen Besuchern zwischen 1900 und 1934 verwendete Ausrüstung

1922 pachtete schließlich der deutsche Immigrant Frank Schmidt das umliegende Land vom Staat, nachdem er in den Jahren zuvor bereits bis zu sechs Tage am Stück in deren Inneren verbracht haben soll. Er baute die Höhle zu einer echten Touristenattraktion aus und investierte in eine Reihe von Verbesserungen, darunter ein Kassenhäuschen und elektrische Beleuchtung.

Bis 1930 war die Colossal Cave bereits so bekannt, dass Teile der Öffentlichkeit – vor allem die Tageszeitung Arizona Daily Star – eine Umwandlung in ein National Momument forderten. Schmidt stimmte einer Übernahme durch den Staat 1934 zu, und das Civilian Conservation Corps (CCC) baute die Höhle in ihren heutigen Zustand um.

Das Civilian Conservation Corps war eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der US-Regierung zur Zeit der großen Depression von 1933 bis 1942. Millionen junger Arbeitsloser leisteten unter der Leitung von Reserveoffizieren der US-Armee Arbeiten an der öffentlichen Infrastruktur des Landes. Die Arbeiter erhielten Verpflegung, Unterkunft und ein Gehalt von mindestens 30 Dollar, von welchen 25 Dollar an Familienangehörige in der Heimat geschickt werden mussten.

Neben dem Bau von Straßen, Flussbefestigungen und Bewässerungsanlagen erschloss das Civilian Conservation Corps auch die Nationalparks. Zwischen 1934 und 1937 errichteten zwei verschiedene Corps die ersten Straßen, Picknickanlagen und Gebäude im Colossal Cave Mountain Park. Die Höhle erhielt Treppen, Wege, Handläufe, Leitern und ein Beleuchtungssystem.

Frank Schmidt wurde vom Staate Arizona als Direktor eingestellt und war bis 1956 tätig. Seitdem pachtet ein Privatunternehmen die Höhle vom Staat und bietet geführte Touren an.

Postkarte von 1940

Der Weg nach unten führt über 363 Stufen. Der Großteil der Höhle befindet sich etwa 15 Meter unterhalb des Niveaus des Eingangs. Dick anziehen muss man sich nicht, bei 20 Grad im Inneren kann es sogar recht warm werden.

Die Colossal Cave ist eine „trockene“ Höhle. Die Stalaktiten und Stalagmiten wachsen nicht mehr, weil die unterirdische Wasserquelle ihren Lauf geändert hat. Statt dessen tropft das Wasser nun in der nahen Arkenstone Cave von der Decke. Dadurch sind die vor über 100 Jahren von den ersten Besuchern angerichteten Schäden noch gut sichtbar. Besonders kleinere Stalaktiten wurden damals haufenweise abgebrochen und mitgenommen.

Wer im Internet nach der Colossal Cave sucht, steht übrigens vor einem kleinen Problem: Die Höhle teilt sich den Namen mit einem 1976 entwickelten Computerspiel. Es handelt sich dabei um reinen Zufall, aber das Computerspiel ist deutlich bekannter als die Touristenattraktion…

Die „Ladder Tour“

Die reguläre Tour dauert knapp 45 Minuten und deckt nur den mit Treppen und Handläufen ausgestatteten Teil des Höhlensystems ab. Zusätzliche, mit schmalen Leitern ausgestattete Bereiche können zwei mal täglich während einer etwa 90 Minuten langen Ladder Tour (35 US-Dollar, ca. 31 Euro) erkundet werden. Darüber hinaus werden an verschiedenen Terminen auch drei bis fünf Stunden lange Klettertouren durch die nicht erschlossenen Bereiche angeboten (85 bis 125 US-Dollar, 75 bis 115 Euro).

Ich habe mich für die Ladder Tour entschieden, da ich mit meinem leichten Gepäck und der Kameraausrüstung einfach nicht für eine spontane Drei-bis-fünf-Stunden-Kletterei ausgerüstet war. Auf Anfrage werden aber auch spezielle Phototouren angeboten.

Schmal sind hier nicht nur die Leitern, sondern auch die Tunnel und die vom CCC gebauten Stege. Handläufe oder andere Sicherungsmaßnahmen gibt es auch keine mehr. Wirklich tief nach unten geht es zwar nie. Der Aufprall dürfte aber auf jeden Fall sehr, sehr schmerzhaft sein und der Weg zurück nach oben eine schwierige Angelegenheit werden.

In einigen Räumen zweigen kleine Nebentunnel ab, welche in weitere Hohlräume oder zurück in den Hauptraum führen. Hier dürfen sich die Besucher frei austoben. Natürlich hat nicht jeder den Mut, sich in ein Loch zu zwängen welches kaum so breit wie der eigene Körper zu sein scheint…

Gegen Ende der Tour darf man sich in diesem Raum in das Logbuch der Amateur-Höhlenforscher eintragen.

Kurios: Auf dem Weg zu den Leitern kommt man an diesen alten Trinkwasserfässern vorbei. Das Zivilschutzministerium benutzte die Höhle während des Kalten Krieges als Schutzraum. Immerhin war Tucson wegen der 18 um die Stadt verstreuten Titan-II-Atomraketensilos eines der Hauptangriffsziele für die Sowjetunion…

Fazit: Auch wenn es draußen mal nicht 45 Grad warm sein sollte, lohnt sich ein Besuch der Colossal Cave. Auf jeden Fall darf man in den meisten anderen Höhlen nicht einfach so herumklettern 😉

Dieser Artikel wurde von Simon für One Man, One Map geschrieben. Das Original befindet sich hier. Alle Rechte vorbehalten.

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