Arizona ist der zweittrockenste Bundesstaat der USA. Die Winter sind mild, die Sommer extrem heiß. Beste Voraussetzungen für… Flugzeugfriedhöfe und Freilichtmuseen! 😉
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Die Fluglinien und Militärs dieser Erde haben ein wahrlich großes Problem: Jedes Jahr müssen Tausende von Flugzeugen stillgelegt oder direkt verschrottet werden. Im Gegensatz zur Autoindustrie kann man sich aber nicht einfach an den Schrottplatz nebenan wenden. Ein „kleiner“ Kampfjet wie der Eurofighter oder eine F-18 „Hornet“ ist schon knapp 20 Meter lang, Linienflugzeuge haben Flügelspannweiten von bis zu 70 Metern.
In den USA stellt sich die Frage nach Lagerflächen und Verschrottungsmöglichkeiten ganz besonders. Die Fluglinien des Landes betreiben knapp ein Viertel aller Linienflugzeuge weltweit, die US-Streitkräfte verfügen über die größte Luftwaffe der Welt. Was nicht in einem Museum untergebracht werden kann, muss irgendwo anders abgestellt werden. Zum Beispiel auf alten Militärflughäfen in den südlichen US-Bundesstaaten. Das Land ist billig, das trockene Klima konserviert die Maschinen für eine mögliche spätere Verwendung, und Start-/Landebahnen für die Anlieferung sind schon vorhanden.
In Kalifornien, Arizona und New Mexico befinden sich insgesamt sieben große Flugzeugfriedhöfe. Gleich zwei davon liegen in der Nähe von Tucson in Arizona, hinzu kommt mit dem Pima Air and Space Museum noch eines der größten Flugzeugmuseen der Welt. Tucson ist also der optimale Ausgangspunkt für eine kleine Fototour 🙂
Pima Air and Space Museum
Das Pima Air Space Museum ist eines der größten Luftfahrtmuseen der Welt. Seit der Gründung im Jahr 1976 hat sich der Museumsbestand kontinuierlich auf mehr als 350 Exponate vergrößert.
Der Eintritt kostet derzeit 16,50 US-$ für Erwachsene und 10 US-$ für Kinder. Für einen Besuch werden drei bis vier Stunden empfohlen, da es neben den Exponaten auch noch einige Computersimulatoren und eine separate Ausstellungshalle zum Thema „Weltraum“ zu besichtigen gibt.
Der Großteil der ausgestellten Flugzeuge steht im Freien, nur einige wenige sind in Hallen untergebracht. Die Außenbereiche sind nach Themen sortiert: Transportflugzeuge, Kampfflugzeuge, Linienflugzeuge, Spezialflugzeuge der NASA, und so weiter. Der Boeing B-17 „Flying Fortress“ ist sogar ein eigener Hangar gewidmet.
Das Museum befindet sich in direkter Nähe zur Davis-Monthan Air Force Base. Bei meinem Besuch flogen immer wieder Jagdflugzeuge und Kampfhubschrauber über das Gelände. Die Air Force Base war früher auch für den Betrieb der 18 rund um Tucson stationierten Titan-II-Atomraketensilos zuständig. Das Pima Air and Space Museum betreibt deswegen auch das etwa 40 Kilometer weit entfernte Titan II Missile Museum in Sahuarita.
Fazit: Ein Besuch im Pima Air & Space Museum lohnt sich auf jeden Fall. Hier kommen nicht nur Luftfahrt-Begeisterte auf ihre Kosten.
Der US Air Force „Boneyard“
Die 309th Aerospace Maintenance and Regeneration Group (AMARG) der United States Airforce betreibt direkt neben der Davis-Monthan Air Force Base in Tucson ein Lager- und Wiederaufbereitungsgelände für Militärflugzeuge. Auf dem im Volksmund auch gerne The Boneyard (Friedhof bzw. Abdeckerei) genannten Areal werden im Moment nicht benötigte Flugzeuge eingelagert sowie Flugzeuge, deren geplante Lebenszeit überschritten ist, auseinandergenommen und die Einzelteile wiederverwertet.
Das nahegelegende Pima Air & Space Museum bietet zwei Mal pro Tag (11:00 und 14:00 Uhr) geführte Touren zur AMARG an. Tickets kosten 20 US-$ pro Person, die Tour dauert zwischen 100 und 120 Minuten. Da die Installation Teil einer aktiven Militärbasis ist, müssen alle Teilnehmer eine Sicherheitsüberprüfung durchlaufen- diese dauert mehrere Tage, Anmeldungen müssen daher mindestens zwei Wochen im Voraus erfolgen.
Die Tour wird mit einem speziellen Reisebus durchgeführt, welcher während der gesamten Dauer nicht verlassen werden darf. Laut Webseite darf nur das Allernötigste mit auf die Basis, darunter höchstens „ein kleiner Fotoapparat“. Diese Information ist falsch. Ich konnte meine beiden Nikon-Spiegelreflexkameras und mehrere Objektive problemlos mit in den Bus nehmen und dort auch benutzen. Leider haben die Organisatoren in all den Jahren nicht daran gedacht, auf saubere Scheiben zu achten oder sogar das eine öffenbare Fenster in den Bus einzubauen. Bei so vielen Fingerabdrücken, Spiegelungen und Verzerrungen hilft dann auch die beste Kamera nichts… 🙁
Die erste halbe Stunde verging mit der Anfahrt zum Stützpunkt und den Sicherheitskontrollen. Zwischen dem Eingang und dem eigentlichen AMARG-Gelände herrscht Photographieverbot.
Da sich die Zahl und die Typen der auf dem Gelände vorhandenen Flugzeuge laufend ändern, wurden einige bekannte Flugzeugtypen entlang der Zufahrtsstraße geparkt und mit Schildern versehen. Der Tourleiter ließ den Bus von Exponat zu Exponat fahren, nannte die wichtigen Fakten und erzählte kleine Geschichten.
In diesen Geschichten zogen die braven Flugzeuge natürlich ausschließlich gegen die „Bad Guys“ in den Krieg, und die US-Armee trug letztendlich immer den Sieg davon. Historisch vermutlich nicht immer so ganz korrekt, und nach einer Weile doch auch recht ermüdend. Aber es war ja eigentlich nicht anders zu erwarten gewesen: Der Tourleiter war Veteran, der Busfahrer auch.
Das US-Militär hat manchmal Humor. Also ein bisschen zumindest. Bis vor Kurzem stand hier auch ein Tarnkappenbomber vom Typ F-117 „Nighhawk“ Spalier, dieser musste aber zur Ersatzteilgewinnung entfernt werden. Da kein anderes Exemplar mehr vorhanden war, installierte man drei Räder und eine Leiter auf freiem Feld und nannte das Kunstwerk „Tarnkappenbomber im Tarnkappenmodus“. Später hat ein Scherzkeks dann noch einen „unsichtbaren“ Piloten aus Maschendrahtzaun hinzugefügt.
Die Einlagerung der Flugzeuge geht recht einfach und zügig vor sich. Zuerst werden Kraftstoffe und Öl abgelassen und alle Oberflächen gründlich gewaschen (besonders bei Kontakt mit Salzwasser wichtig). Dann überklebt man alle Öffnungen mit Alumininumband, überstreicht die empfindlichen Teile zwei Mal mit wieder ablösbarer, schwarzer Farbe und trägt zuletzt eine Schicht weiße Farbe auf. Die trockene Luft konserviert das Flugzeug, der weiße Anstrich verhindert ein zu starkes Aufheizen.
Hat das Flugzeug seine geplante Lebensdauer noch nicht erreicht, kann es innerhalb von 72 Stunden wieder flugfähig gemacht werden. Sonst wird es je nach Bedarf für Ersatzteile ausgeschlachtet, welche dann entweder in noch im Betrieb befindliche Flugzeuge eingebaut oder auf dem freien Markt verkauft werden.
Etwa eineinhalb Stunden nach dem Start der Tour fuhr der Bus endlich auf den eigentlichen Boneyard. Hier reihte sich nun Flugzeug an Flugzeug, sauber aufgereiht und verpackt. Leider blieb der Bus ab jetzt kaum noch stehen.
Mittlerweile lagern auch die NASA und kommerzielle Fluglinien ihr altes Gerät auf dem Gelände.
Das Militär bewies an diesem Tag sogar ein zweites Mal Humor 😉
Fazit: Die Boneyard-Tour ist aus meiner Sicht nur für eingefleischte Fans von Militärtechnik zu empfehlen. Alle anderen kommen den Flugzeugen im Pima Air & Space Museum schon viel näher als auf dieser Tour.
Pinal Airpark
Der Pinal Airpark in Pinal County wurde 1942 als Marana Army Air Field gegründet und diente primär als Trainingsbasis für Militärpiloten. Das Gelände verfügte damals über eine ganze Reihe von Gebäuden, Treibstofftanks, einen eigenen Bahnhof und insgesamt fünf weitere Start-/Landebahnen in der näheren Umgebung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ein Großteil der Infrastruktur wieder entfernt und der neue Eigentümer, die Bezirksverwaltung, verpachtete das Gelände an verschiedene Luftfahrtunternehmen.
Während des Vietnamkrieges führte der US-Geheimdienst CIA alle seine Luftoperationen von Marana aus durch. Die CIA bediente sich eines eigens gegründeten Tarnunternehmens namens Intermountain Airlines, dessen angebliche Firmenaufgabe – die Beförderung von Luftfracht – die unregelmäßigen Starts und Landungen erklären sollte. Die Tarnung war allerdings wohl schon von Anfang an nur recht dünn, und spätestens als mit einer Boeing B-17 „Flying Fortress“ ein schwerer Kampfbomber stationiert wurde, dürfte der Bevölkerung klar gworden sein, dass Intermountain Airlines wohl doch kein ganz normales Luftfahrtunternehmen war.
Seit 2012 wurden die meisten der militärischen und geheimdienstlichen Operationen abgezogen, und man versucht sich an einer Umwandlung in ein reguläres, kommerzielles Flugfeld. Tatsächlich dient derzeit aber ein Großteil der Fläche einfach als Flugzeugfriedhof für kommerzielle Fluglinien. Der zuständige Verantwortliche der Bezirksverwaltung, Jim Petty, bietet auf Anfrage kostenlose Führungen an (jim.petty@pinalcountyaz.gov, Telefon +1 520 866 6545).
Fazit: Wer genug Zeit für die knapp 50 Kilometer lange Fahrt von Tucson hat oder sowieso auf der Interstate 10 unterwegs ist sollte auf jeden Fall mal am Pinal Airpark vorbeischauen. Auch von der Zufahrtsstraße aus hat man schon einen schönen Blick auf die sterbenden Giganten der Lüfte.
Dieser Artikel wurde von Simon für One Man, One Map geschrieben. Das Original befindet sich hier. Alle Rechte vorbehalten.
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