Roca Corbatera über Santa Cueva | |||
Gebiet | Montsant-Gebirge, Katalonien, Spanien | ||
Start | La Morera de Montsant | ||
Ende | La Morera de Montsant | ||
Strecke | 13 Kilometer | Dauer | 6 Stunden |
Aufstieg | 612 Meter | Abstieg | 612 Meter |
Mittel Frühling Sommer Herbst |
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Tief im Hinterland von Tarragona liegt das Montsant-Gebirge, einer der vielen Gebirgszüge in Katalonien. Der Weg zum höchsten Gipfel, der 1.163 Meter hohen Roca Corbatera, führt durch steile Schluchten und an Felswänden entlang auf einen unter Naturschutz stehenden Bergrücken. Kurz vor dem Gipfel befindet sich eine frei zugängliche und erstaunlich tiefe Höhle, die Cueva Santa.
Das Montsant-Gebirge, ein etwa 17 Kilometer langer Gebirgszug, befindet sich ca. 50 Kilometer nordwestlich von Tarragona. Im Gegensatz zum Montserrat-Gebirge ragt es nicht alleine aus dem flachen Land auf, sondern ist von weiteren Wander- und Klettergebieten wie den Muntanyes de Prades, Siurana, Margalef, den Estrets d’Arnes und dem Nationalpark Parc Natural dels Ports umgeben.
Der Aufstieg zur Roca Corbatera eignet sich in den wärmeren Monaten nicht als Tagestrip von Tarragona oder gar Barcelona. Man muss sehr früh losziehen und schon wieder zurück im Tal zu sein bevor die Sonne ab der Mittageszeit gnadenlos auf den nur sehr spärlich bewachsenen Bergrücken brennt. Wir haben deshalb im August in einem Appartment im nahen Arbolí übernachtet und waren bei Sonnenaufgang am Startpunkt in La Morera de Montsant. Schon auf der Fahrt dort hin war die Aussicht atemberaubend.
La Morera de Montsant ist ein kleines Dorf mit typisch katalonischen Häusern aus rotem Stein und einer ziemlich großen Kirche. Direkt am Ortseingang befindet sich ein öffentlicher, kostenloser Parkplatz für Wanderer. Die Wanderwege beginnen wenige hundert Meter weiter oberhalb des Dorfes.
Die Temperaturen mögen an der Küste im Hochsommer auf über 30 Grad steigen, in den Bergen kühlt die Luft nachts aber schnell ab. Bei Sonnenaufgang um sieben Uhr morgens und zehn Grad Außentemperatur zogen dichte Nebelschwaden über die Felsen des Gebirges. Natürlich ein traumhaftes Motiv für Fotografen! Vor allem auf den Tres Pedres, drei großen Felsen gleich am Beginn des Wanderweges, kann man Menschen sehr gut in Szene setzen.
Den Großteil der Höhenmeter legt man gleich auf den ersten eineinhalb Kilometern zurück. Sobald man den eigentlichen Gebirgszug erreicht hat, geht es nur noch steil aufwärts.
Etwa einen halben Kilometer nach den Tres Pedres teilt sich der Weg. Normale Wanderer biegen nach links ab und erklimmen den Berg über die Schlucht Grau dels Barrots. Abenteurer und Kletterer gehen geradeaus weiter und benutzen den Klettersteig durch die Grau del Carrasclet.
Der Klettersteig durch die Grau del Carrasclet war im August 2019 allerdings leider wegen des schlechten Zustands gesperrt.
Die enge Grau dels Barrots bietet einige interessante Perspektiven. Zu Beginn verjüngt sie sich nach oben hin und der Himmel ist kaum zu sehen. Dann wird die Schlucht breiter und der Weg führt unter großen, eingeklemmten Felsen weiter nach oben.
Auch in der Grau dels Barrots geht es nicht ganz ohne klettern. Immer wieder müssen kürzere Passagen mittels U-Eisen und Metallstifte überwunden werden.
Am Ende der Grau dels Barrots wird es richtig spannend. Erst führt der Weg unter einem großen Felsen hindurch in eine dunkle Höhle. Dann ist kriechen angesagt, die Rucksäcke müssen runter und mit den Händen weitergereicht werden. Und als ob das noch nicht genug wäre, muss man den genannten Felsen dann auch noch in luftiger Höhe mit Hilfe einiger weniger Metallstifte überqueren…
An dieser Stelle angelangt hat man den steilsten Teil hinter sich. Der Pfad schlängelt sich fast horizontal an der Felswand entlang Richtung Westen, weniger gefährlich wird es deswegen aber nicht. Ganze Abschnitte sind mit Stahlseilen versehen, immer wieder geht es rechts des schmalen Weges direkt in die Tiefe.
Der absolute Wahnsinn ist aber die Stelle auf folgendem Bild. Die Passage ist kaum einen Meter hoch, Rucksäcke müssen abgenommen und von Hand durchgereicht werden. Rechts geht es mehrere Hundert Meter in die Tiefe, die rote Erde bröckelt schon. Hinter der Passage geht es steil aufwärts. Bei schlechtem Wetter garantiert unpassierbar und lebensgefährlich.
In Deutschland oder Österreich hätte man vermutlich den Weg gesichert, eine Brücke gebaut oder den ganzen Wanderweg gleich gesperrt. In Katalonien hängen die Sicherungsseile überall, aber natürlich genau hier nicht…
Nach der ganzen nervenaufreibenden Plackerei erreicht man nach insgesamt knapp zwei Kilometern den knapp 1.000 Meter hoch gelegenen Aussichtspunkt Balcó del Priorat oder auch Mirador del Priorat. Von diesem „Balkon“ hat man einen ausgezeichneten Ausblick auf das ganze Tal rund um La Morera.
Auf den letzten Metern vor dem Bergrücken wird der Pfad noch mal so richtig schmal. Aber immerhin ging es zur Abwechslung mal nicht mehr bergauf und wir mussten uns auch nirgends mehr durchquetschen, also konnte ich die Kamera unterwegs auch mal auf die Fauna am Boden richten.
Eine beeindruckende Felsspalte bildet die letzte Kletterpartie beim Aufstieg. In der Nähe endet auch der Klettersteig durch die Grau del Carrasclet.
Es ist geschafft! Die nächsten vier Kilometer bis zur Roca Corbatera verlaufen nun einfach auf dem Bergrücken entlang. Wirklich steil wird es nicht mehr, deswegen blieb nun viel mehr Zeit für besser Fotos. Allerdings kommen bei den ganzen Hügeln doch noch mal so einige Höhenmeter zusammen.
Das Montsant-Gebirge besteht hauptsächlich aus Kalk, Granit und Schiefer. Die Erosion hat überall seltsam runde, geschwungene Formen in den Stein geschliffen. Auf jeden Fall ein großer Kontrast zu den scharfen Zacken des Montserrat!
Die Vegetation ist aufgrund der großen Trockenheit sehr karg. Bäume gibt es kaum, an vielen Stellen tun sich auch die Gräser, Kräuter und Hecken schwer. Ein Teil des Montsant wurde 2002 zum Naturschutzgebiet erklärt. Viele seltene Arten wie Wildkatzen, Luchse, Marder und größere Greifvögel sollen hier beheimatet sein. Wildkatzen bekamen wir leider keine zu sehen, nur Echsen und Wanderfalken.
Falls das Reh, welches uns um sechs Uhr morgens auf dem Weg nach La Morera vors Auto gelaufen war, auch zu einer seltenen Art gehörte, hatte es Glück. Es war mit dem Schrecken davongekommen 🙂
Die Cueva Santa
Das eigentliche Highlight auf der Tour ist der Abstieg in die Tropfsteinhöhle Cueva Santa. Sie liegt so unscheinbar am Wegesrand, dass wir erst daran vorbeigelaufen sind. Der Eingang ist sehr schmal, sehr steil und sehr eng. Nach etwa zwanzig Meter kann man dann aber problemlos aufrecht stehen.
Eine Taschen- oder Stirnlampe sollte man auf jeden Fall vorher einpacken. Schließlich schleppt nicht jeder eine Fotoausrüstung samt Scheinwerfer auf den Berg… 😉
Anscheinend hatte sich im Inneren der Höhle jemand an einer – wenig erfolgreichen – Grillpartie versucht. Feuchte Höhlen mit schlechtem Abzug sind nun auch wahrlich nicht der beste Ort dafür.
Die Cueva Santa ist erstaunlich groß. Vom ersten Raum aus geht es über eine Kante nach unten in einen weiteren Raum. Glücklicherweise hatten frühere Besucher schon eine Steintreppe konstruiert, was die Rückkehr sehr erleichterte.
Wir haben die Höhle nicht vollständig erkundet, da es uns ohne ordentliche Ausrüstung dann doch irgendwann zu gefährlich wurde. Der Raum auf dem folgenden Bild beispielsweise war sicher 15 Meter hoch und am Boden klaffte ein großes Loch. Man muss ja nicht unbedingt jener dumme Ausländer werden, welcher dann am Ende alle Titelblätter ziert…
Weiter zur Roca Corbatera
Von der Cueva Santa sind es nur noch knapp eineinhalb Kilometer Spaziergang zur Roca Corbatera. Unterwegs läuft man auch noch über den Gipfel der 1.110 Serra Major, welcher von einem eher seltsam anmutenden Gipfelkreuz geziert wird. Im Vergleich zur Umgebung auf jeden Fall nicht das schönste Fotomotiv, da hatte die Natur viel mehr zu bieten…
Endspurt: Die Roca Corbatera kommt in Sicht.
Für den Abstieg zurück nach La Morera haben wir die gleiche Route wie für dem Hinweg gewählt. Es gibt aber viele weitere Varianten, beispielsweise den deutlich längeren Rundweg La Morera-Roca Corbatera-Roca del Llençol-La Morera. Auch andere Start- bzw. Endpunkte, z.B. die Dörfer Albarca, Ulldemolins oder Cornudella, sind natürlich möglich.
Fazit: Der Aufstieg zur Roca Corbatera über die Cueva Santa ist eine sehr schöne, wenn auch anstrengende und nicht ganz ungefährliche Tour. Die Cueva Santa ist natürlich das absolute Highlight. Selten gibt es auf einer so kurzen Strecke so viel zu sehen!
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Dieser Artikel wurde von Simon für One Man, One Map geschrieben. Das Original befindet sich hier. Alle Rechte vorbehalten.
Unter Die Cueva Santa im Bereich wo jemand versuchte ein Feuer zu machen, sind ein paar Wörter zu viel.
Super Bericht und tolle Bilder. Hat viel Spaß gemacht es zu lesen und anzuschauen. Für mich mit Höhenangst aber zu spooky, hab schon feuchte Finger vom Anschauen 😀
Vielen Dank für den Hinweis, da war tatsächlich noch ein Fehler im Text… 🙂