Von Locarno auf die Cardada Cimetta

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Ich war vor Kurzem in der Schweiz unterwegs und habe einen kleinen Abstecher nach Locarno gemacht. Dort kann man nicht nur am Laggio Maggiore entlangschlendern oder eine Schiffsrundfahrt machen, sondern auch die Wallfahrtskirche Madonna del Sasso besuchen und auf die 1671 Meter hohe Cardada Cimetta fahren.

Üblicherweise endet die Skisaison im März. Im April 2019 brachte eine Kaltfront aber unerwartet noch mal einen halben Meter Neuschnee auf die Berge, und so wurde aus der kleinen Wanderung ein Schneegestöber… 😉

Locarno liegt im Schweizer Kanton Tessin und damit fast an der Grenze zu Italien. Die Anreise funktioniert am besten mit der Eisenbahn. Seit der Fertigstellung des Gotthardtunnels dauert die Anfahrt von Zürich nur noch etwa zweieinhalb Stunden, von Mailand aus sind es je nach Verbindung sogar nur zwei Stunden.

Standseilbahn nach Orselina und Madonna del Sasso

Die Standseilbahn „Funicolare Locarno–Madonna del Sasso“ verbindet schon seit 1874 die Innenstadt von Locarno mit der Wallfahrtskirche Madonna del Sasso. Eigentlich hätte rund um Locarno ein ganzes Netz von Schmalspurbahnen entstehen sollen, gebaut wurden aber nur einige wenige der geplanten Linien. Bis in die 1970er Jahre waren alle Linien bis auf die Centovallibahn nach Domodossola in Italien und die Standseilbahn Locarno–Madonna del Sasso auch schon wieder eingestellt worden. Von der städtischen Trambahn Locarno existiert nur noch ein einzelner Triebwagen.

Der Preis für die Standseilbahn betrug 7,20 Franken (c.a 6,30 Euro) für eine Hin- und Rückfahrt und 4,80 Franken (4,20 Euro) für eine Einzelfahrt. Inhaber des Ticino Ticket, welches Hotelgäste im Tessin beim Check-In kostenlos erhalten, bekommen Rabatt.

Auf nur 825 Metern Länge überwindet die Bahn 173 Höhenmeter – eine ziemlich steile Strecke. Zwischen den Endpunkten Locarno und Orselina liegen die drei Zwischenstationen Grand-Hôtel, Belvedere und Santuario (Madonna del Sasso). Das Grand-Hôtel wurde allerdings bereits 2006 geschlossen und wartet seitdem auf einen Umbau.

Madonna del Sasso

Die Wallfahrtskirche Madonna del Sasso steht schon seit 1616 als Teil eines (ehemaligen) Franziskanerklosters auf einem Felsvorsprung über Locarno. Das heutige Gebäude befindet sich allerdings nicht mehr im Originalzustand. Wegen der vielen Gläubigen und Pilger musste die Kirche Anfang des 19. Jahrhunders auf die Hälfte verkleinert werden, um Platz für große Prozessionen zu schaffen.

Photospot: Von der Straße und der gegenüberliegenden Andachtsstätte aus hat man einen ausgezeichneten Blick auf Kirche, ehemaliges Kloster, Lago Maggiore und Locarno 🙂

Madonna del Sasso ist vor allem für seine vielen Kunstwerke bekannt. Dazu gehören auch mehrere Szenen mit Holzstatuen aus dem 15. Jahrhundert.

Seit der Enteignung der Franziskaner im Jahre 1848 gehört Madonna del Sasso dem Kanton Tessin, der Orden übernimmt jedoch weiterhin die Pflege. Da es sich um eine Wallfahrtskirche handelt, ist der Eintritt ausnahmsweise kostenlos. In der ach so teuren Schweiz keine Selbstverständlichkeit 😉

Ein Kreuzweg führt von der Kirche hinunter in die Innenstadt. Für den Abstieg benötigt man nur etwa 20 Minuten. Den Aufpreis für eine Rückfahrt mit der Standseilbahn kann man sich also sparen, solange es nicht zu stark regnet.

Seilbahn nach Cardada

Von der Bergstation Orselina aus gibt es verschiedene Möglichkeiten, um auf die Cardada Cimetta zu gelangen. Entweder wandert man die komplette Strecke in etwa zweieinhalb Stunden nach oben. Oder man fährt mit der Seilbahn bis zum Dorf Cardada und nimmt von dort den Sessellift bis zur Spitze.

Der eine oder andere dürfte sich nach einem Blick auf die Preisliste für die Wanderung entscheiden. In Madonna del Sasso konnte man noch Geld sparen, aber hier wird es nun richtig teuer. Eine Hin- und Rückfahrt bis Cardada kostete im April 2019 ganze 24 Franken (21 Euro), in Kombination mit dem Sessellift zur Spitze wurden sogar 28 Franken (ca. 25 Euro) fällig. Skifahrer zahlen noch mal deutlich mehr 😯

Die Seilbahn und der Sessellift sind von Dezember bis Ende Oktober in Betrieb.

Die futuristische Bergstation auf 1332 Meter wurde während der Instandsetzung der Bahn im Jahr 2000 komplett neu gebaut.

Aussichtspunkt

Ebenfalls recht neu waren der Spielplatz und der Aussichtspunkt westlich der Bergstation. Eine Fußgängerbrücke führt zwischen den Baumwipfeln des Waldes hindurch zum Aussichtspunkt Ponte sospeso Cardada.

Von der Spitze der Fußgängerbrücke aus hat man nicht nur einen Rundumblick auf den See, sondern auch auf das Centovalli und einen Teil des Maggiatals.

Weiter ging es zur Talstation des Sessellifts etwa 400 Meter weiter östlich.

Sessellift zur Cardada Cimetta

Der Sessellift überbrückt die letzten 300 Höhenmeter bis zum Restaurant und dem Skigebiet an der Spitze. Im Sommer kann man sich diese Fahrt natürlich sparen und einfach hochwandern, aber bei so viel Neuschnee war das nicht möglich.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Lago Maggiore liegt der Monte Tamaro, hier kurz vor einem Regenschauer aufgenommen. Von dessen Spitze aus kann man an guten Tagen neben dem Monte-Rosa-Massiv und dem Matterhorn auch die tiefstgelegenen (Lago Maggiore) und höchstgelegenen (Dufourspitze) Punkte der Schweiz gleichzeitig sehen.

Cardada Cimetta

Die Bergstation des Sesselliftes befindet sich nur unweit des Gipfels, neben dem Restaurant Cimetta und dem weithin sichtbaren Funkturm.

Die Aussicht von Cardada Cimetta war wirklich atemberaubend. In jeder Himmelsrichtung war das Panorama noch schöner als in der anderen. So einen halben Meter Neuschnee würde man sich an jedem Weihnachtsabend wünschen 🙂

Auf dem 1858 Meter hohen La Manèra, dem östlichen Nebengipfel des Monte Tamaro, befindet sich eine weithin sichtbare Richtfunkstation der Swisscom. Über diese werden Daten aus dem Tessin in die Deutschschweiz übertragen.

Nach einer Stunde im Schnee hatte ich wahrscheinlich genug Winterfotos für die nächsten Jahre geschossen… 😉

Der Weg zum Gipfel war noch nicht vollständig geräumt gewesen, daher hieß es sich zu Fuß durch die Schneemassen kämpfen.

Im Winter werden neben Skikursen auch Schneeschuhwanderungen angeboten, darunter einige sogar nachts bei Mondenschein.

Von der geologischen Beobachtungsstation an der Spitze der Cimetta hat man ein 360-Grad-Panorama über die gesamte Region. Hier kann man auch die „Linea Insubrica“ sehen, die geologische Teilung zwischen Nordalpen und Südalpen. An dieser Stelle falteten sich vor Jahrmillionen beim Zusammenstoß der afrikanischen mit der europäischen Kontinentalplatte die Alpen auf.

Die meisten Wanderrouten sehen einen Abstieg zurück nach Cardada mit einem Umweg über die Schutzhütte auf dem etwas tiefer gelegenen Gipfel Lo Stallone vor. Wegen des vielen Schnees war daran aber nicht zu denken. Deswegen ging es mit Sessellift und Seilbahn zurück nach Locarno.

Dieser Artikel wurde von Simon für One Man, One Map geschrieben. Das Original befindet sich hier. Alle Rechte vorbehalten.

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