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Holzhäuser, so schön, dass diese als UNESCO-Weltkulturerbe vorgeschlagen wurden? Die gibt es in Porvoo, etwa eine Stunde östlich von Helsinki in Finnland 🙂
Im Sommer strömen haufenweise Touristen durch die engen Straßen der Altstadt mit ihren traditionellen Bauwerken. Besonders die roten Holzhäuser am Fluss Porvoonjoki sind ein sehr beliebtes Fotomotiv und von sehr großer touristischer Bedeutung für die Region. Aber Porvoo ist mehr als nur ein Fotomotiv. Die heute gar nicht so kleine Stadt ist nach Turku die zweitälteste Stadt Finnlands, und hier wurde das Großfürstentum Finnland begründet, welches den Finnen später den Weg zu einem eigenen Staat ebnen sollte. Porvoo nimmt daher eine bedeutende Stellung in der Geschichte Finnlands ein.
Den Mittelpunkt der Altstadt bildet der Dom von Porvoo (Porvoon tuomiokirkko). Die ältesten Teile stammen aus dem 13. Jahrhundert, allerdings ist davon nicht mehr viel übrig. Mindestens fünf Mal wurde das Gebäude von feindlichen Armeen beschädigt. Und als wäre das alles noch nicht schlimm genug gewesen, steckte am 2006 auch noch ein betrunkener Jugendlicher unabsichtlich das Dach in Brand. Die Quittung für den Rausch: ein Aufenthalt im Gefängnis und eine Geldstrafe in Höhe von 4,3 Millionen Euro 😯
Südlich des Doms schließt die Altstadt mit den vielen Holzhäusern an. Im 18. Jahrhundert zerstörte eine Feuersbrunst etwa zwei Drittel der Gebäude, allerdings wurden alle wieder an der gleichen Stelle wie vorher neu aufgebaut. Als im 19. Jahrhundert ein neuer Bebauungsplan für die wachsende Stadt vorgelegt wurde, stand das ganze Areal kurz vor dem Abriss. Der Widerstand in der Bevölkerung war aber so groß, dass man die Gebäude lieber stehen ließ und statt dessen in Richtung Süden und Osten weiterbaute.
Hätte man damals geahnt, wie viele Touristen später nach Porvoo kommen würden – man hätte den Plan wohl nie vorgelegt 😯
Porvoo ist heute zweisprachig geprägt, wie man an den Straßenschildern unschwer erkennen kann. Alle finnischsprachigen Schüler müssen Schwedisch als Pflichtfach belegen, bei den meisten stößt dies aber auf wenig Begeisterung. Obwohl der Anteil der Schweden in Küstenstädten wie Porvoo bis zu einem Drittel ausmachen kann, geben nur knapp fünf Prozent der Gesamtbevölkerung Schwedisch als Muttersprache an. Mehrere Kampagnen fordern deswegen die Abschaffung des Pflichtunterrichtes.
Das Runeberg-Törtchen (Runebergintorttu bzw. Runebergstårta) ist eine nach dem Schriftsteller Johan Ludvig Runeberg benannte finnisch-schwedische Spezialität. Der Teig besteht aus Mehl, Sauerteigbrot, Bröseln von Lebkuchen, Mandeln, Eiern, Rum und anderen Zutaten, garniert wird mit Zuckerguss und Himbeerkonfigtüre.
Normalerweise essen Finnen die Törtchen nur am 5. Februar, Runebergs Geburtstag. Da er die Törtchen während seines Aufenthalts in Porvoo aber jeden Tag zum Frühstück gegessen haben soll, kann man sie dort ausnahmsweise das ganze Jahr über kaufen.
Das alte Rathaus beherbergt heute ein Museum, Herbst- und Weihnachtsmärkte auf dem Rathausplatz ziehen zusätzliche Touristen an. Laut offiziellen Angaben zählt Porvoo etwa 1,6 Millionen Besucher pro Jahr, die meisten davon in den Sommermonaten. Sicher keine einfache Situation für die noch 800 Finnen, welche ganzjährig in der Altstadt leben…
Die Holzhäuser in der Umgebung sehen nicht nur zufällig genau so aus wie in Schweden. Fast 600 Jahre lang regierten schwedische Herrscher das heutige Finnland, bis das russische Zarenreich ihnen das Land endgültig entriss. Allerdings wurde Finnland kein normaler Teil Russlands, sondern durch den Landtag von Porvoo zum autonomen Großfürstentum.
Nach der Oktoberrevolution sprachen die Bolschewisten allen Bürgern Russlands das Recht zu, selbst über ihre Zukunft bestimmen zu dürfen. Das Finnische Parlament reagierte sofort, übernahm noch am selben Tag provisorisch die Macht und rief kurz darauf die Unabhängigkeit aus. Finnland war damit zum ersten Mal in seiner Geschichte ein eigener, souveräner Staat.
Die meisten Touristen kommen wegen der historischen Hafenbaracken, welche den Fluss Porvoonjoki auf seinem Weg durch die Altstadt säumen. Der eigentliche Hafen von Porvoo befindet sich heute allerdings weiter südwestlich bei Kilpilahti, näher am Finnischen Meerbusen. Die Touristen sollen schließlich nichts von der gigantischen Raffinerie sehen oder riechen, welche neben dem neuen Hafen errichtet wurde… 😉
Die Hafenbaracken waren ursprünglich zu Ehren des schwedischen Königs Gustav des Dritten rot angestrichen worden. Früher wurden hier exotische Spezialitäten aus fernen Ländern eingelagert. Schon im 19. Jahrhundert reisten die Helsinkier deswegen extra nach Porvoo, um das Besondere zu genießen.
Mittlerweile wird hier nichts mehr eingelagert und die Cafés und Restaurants sind direkt in die Baracken gezogen, aber beim Besonderen ist es geblieben. Wegen der Nähe zur Ostsee sind vor allem Fischgerichte aus baltischem Hering und Lachs beliebt. Zum Nachtisch bietet sich ein Besuch bei der kleinen Schokoladenmanufaktur Brunberg an, deren Trüffelschokolade es mittlerweile zu weltweiter Berühmtheit gebracht hat.
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Dieser Artikel wurde von Simon für One Man, One Map geschrieben. Das Original befindet sich hier. Alle Rechte vorbehalten.