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Stellen wir uns vor, die Unabhängigkeitsbestrebungen der kleinen Alpenregion Südtirol wären in einer Paralleldimension erfolgreich verlaufen. Die deutsche Minderheit hätte den Italienern die Kontrolle über einen von knapp 500.000 Menschen bevölkerten Landstrich dauerhaft entrissen. Der Konflikt friert ein, Südtirol ist de facto nun ein kleines Land mit eigener Regierung, eigener Zentralbank und Währung, eigener Polizei und eigenem Militär. Am Brenner und der Salurner Klause wachen bewaffnete Südtiroler über „ihre“ Grenze, Besucher müssen formell einreisen. Eine internationale Anerkennung durch andere Staaten bleibt aber aus. Für den Rest der Welt sind die Südtiroler weiterhin Italiener. Die wirtschaftlichen Verhältnisse verschlechtern sich, knapp zwanzig Jahre nach dem Ende der Kampfhandlungen steht die einst so glorreiche und wirtschaftsstarke Alpenrepublik Südtirol vor dem Aus.
Klingt seltsam? Das alles ist im Prinzip genau so passiert. Allerdings nicht in einer Paralleldimension, und auch nicht in den Alpen, sondern in der heutigen Republik Moldau. Willkommen in Transnistrien, dem wahrscheinlich letzten sowjetischen Territorium in Europa.
Vom Sowjetischen Vorbild zum Sorgenkind
Es ist schon seltsam, wie ein nur etwa 200 Kilometer langer, nur selten mehr als 20 Kilometer breiter Streifen Land schlagartig zu einem Politikum zwischen Großmächten werden kann. Während des Russisch-Österreichischen Türkenkrieges hatte das Russische Reich nicht nur 1783 die Krim annektiert (Parallelen zum Jahr 2014 sind rein zufällig…), sondern sein Staatsgebiet über die gesamte Ukraine hinaus bis zum Fluss Dnister (Днестр) an der Grenze zu Rumänien erweitert.
Dieses riesige Gebiet wurde als Neurussland bezeichnet, und dem östlich des Dnister liegenden Transnistrien („jenseits des Dniestr“, Eigenbezeichnung Приднестро́вье/Pridnestrowien für „Land am Dnestr“) kam als Grenzregion nun eine große Bedeutung zu. Die Grenzstadt Tiraspol (Тирасполь) wurde sofort nach Ende des Krieges neu gegründet, in die bis dahin dünn besiedelte Region entsandte man gezielt Kolonisten aus Russland und der Ukraine. Aber auch die Schwarzmeerdeutschen hinterließen ihre Spuren. Auf der ukrainischen Seite des heutigen Grenzverlaufs liegt beispielsweise noch heute das Grenzdorf Kutschurhan (Кучурган) – 1808 unter dem Namen Straßburg gegründet.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Transnistrien in die Ukrainische Teilrepublik der Sowjetunion eingegliedert, 1924 wurde es Teil der Moldauischen Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik (MASSR). Während und nach dem Zweiten Weltkrieg zogen Hitler und Stalin die Grenzen neu, die Sowjetunion annektierte Bessarabien von Rumänien und vereinigte es schließlich endgültig mit der MASSR. Das Staatsgebiet der heutigen Republik Moldau war damit festgelegt.
Allerdings gab es innenpolitisch große Fehlentwicklungen. Östlich des Dniestr lebten größtenteil Russen, westlich des Flusses größtenteils Rumänen, aber ein Großteil der Wirtschaftsleistung konzentrierte sich im Osten. Etwa fünfzehn Prozent der Bevölkerung erbrachten hier 40 Prozent der Wirtschaftsleistung und erzeugten 90 Prozent des elektrischen Stromes. Die Russifizierungsmaßnahmen der sowjetischen Führung verschlimmerten das Problem noch weiter. Transnistrien wurde weithin bekannt, stieg zum bedeutenden Industriestandort auf und zog Menschen aus der ganzen Sowjetunion an. Für viele wurde es zum Vorbild der Überlegenheit der sowjetischen Ideologie – bis sich die Vorzeichen umdrehten und es mit dem Niedergang der UdSSR zu nationalistischen Tendenzen und Unabhängigkeitsbestrebungen kam. Wie in vielen anderen ehemaligen Sowjetrepubliken folgte auf die offizielle Loslösung der Republik Moldau im Jahr 1990 eine Kampagne gegen alles Russische.
Russisch wurde als Amtssprache abgeschafft, „Nicht-Moldauer“ aus öffentlichen Institutionen entfernt und eine Kampage zur Romanisierung des öffentlichen Lebens gestartet. Die russischen Minderheiten in Transnistrien bildeten Bürgerrechtsgruppen zum eigenen Schutz, welche aber umgehend verboten wurden. Die rumänischen Hardliner forderten sogar offen eine Ausweisung zugewanderter Russen und anderer Minderheiten sowie eine Wiedervereinigung mit Rumänien. Ein Verbleib als autonome Region innerhalb Moldaus wurde in Transnistrien zwar diskutiert, nach der endgültigen Eskalation der Lage schlug die öffentliche Meinung aber zugunsten einer Loslösung und dem Beitritt zur Sowjetunion um. Da Moldau noch kein echtes eigenes Militär aufgebaut hatte (die Rote Armee war nach der Unabhängigkeitserklärung abgezogen), konnten die Transnistrier Tatsachen schaffen und die Abspaltung im August 1991 faktisch durchsetzen. Tiraspol wurde zur neuen Hauptstadt.
Anfang 1992 startet die Republik Moldau doch noch eine Militäroffensive, allerdings konnte diese nichts mehr am Status Quo ändern. Nach nur vier Monaten und über 500 Toten vermittelte Russland einen Waffenstillstand, an welchen sich beide Seiten bis heute halten. Moldau und alle anderen Staaten der Welt (inklusive Russland) akzeptieren die Abspaltung Transnistriens offiziell nicht. Zum geplanten Anschluss an die Sowjetunion kam es wegen deren endgültigem Zusammenbruch nicht mehr. Zusammen mit den ähnlich gelagerten Fällen Bergkarabach, Abchasien und Südossetien bildet Transnistrien heute die Gemeinschaft nicht-anerkannter Staaten. Die Ostukraine wird möglicherweise bald ebenfalls zum Beitrittskandidat…
Einreise und Visum
Ein Visum oder eine Einladung sind nicht (mehr) nötig. Man erhält bei der Einreise an den offiziellen Grenzpunkten eine Migration Card, welche bis zur Ausreise aufzubewahren ist. Grenzposten auf der moldauischen Seite gibt es nicht. Aus der Sicht Moldaus existiert Transnistrien nicht, daher gibt es keinen Grund für eine Ein- oder Ausreise. Eine Einreise aus der Ukraine nach Transnistrien mit anschließender Weiterreise Richtung Moldau sollte man vermeiden, da man sonst spätestens bei der Abreise aus der Republik Moldau wegen des nicht vorhandenen Einreisestempels (der transnistrische Stempel gilt nicht) Probleme bekommt. Über die russischen Soldaten an der Grenze sollte man sich nicht wundern, etwa 1500 russische Soldaten sichern als „Friedenstruppe“ seit 1992 den Waffenstillstand. Passend zum Erscheinen dieses Artikels hat die UNO am 23. Juni 2018 den Abzug der Friedenstruppen gefordert.
Transnistrien ist nicht sehr groß, die meisten interessanten Orten konzentrieren sich auf die Städte Tiraspol und Bender (Бендеры). Wer nur einen Tagesausflug plant, kann als Einreisegrund Transit wählen und muss Transnistrien dann bis zum Abend wieder verlassen haben. Damit vermeidet man die Registrierungspflicht, welche sonst einen längeren Besuch bei den Behörden in Tiraspol oder Bender nach sich ziehen würde. Die maximale Aufenthaltsdauer (ist auf der Migration Card aufgedruckt) ist unbedingt einzuhalten bzw. der Aufenthalt frühzeitig zu verlängern!
Wer Geld sparen möchte und genug Zeit hat, kann von Chișinău aus mit einer der zahlreichen Busverbindungen nach Bender oder Tiraspol fahren. Da wir unter Zeitdruck standen, haben wir statt dessen auf die Dienste von Oleg von Top Tours Moldova zurückgegriffen. Wir wurden pünktlich am Apartment abgeholt, das Auto war in perfektem Zustand und Oleg sprach sehr gutes Englisch. Falls ihr in Moldau seid und einen Tagesausflug in ein Konfliktgebiet buchen wollt – kontaktiert Oleg 🙂
Die Fahrt von Chișinău nach Bender dauerte samt Einreise gute eineinhalb Stunden und führte an vielen recht alten, typisch sowjetischen Plattenbauten vorbei. Ansonsten gab es auf dem Weg nicht viel zu sehen.
Bender
Die erste Station nach der Einreise war Bender, eines der wenigen transnistrischen Territorien östlich des Dniestr. Ein Triumphbogen mitten in einem Kreisverkehr erinnert an den sechshundertsten Geburtstag der Stadt im Jahre 2008.
Nicht weit entfernt schließen ein weiterer Triumphbogen, der Heldenfriedhof und das Denkmal für Feldmarschall Grigory Potemkin an. Transnistrien sei der sauberste Fleck im ganzen Ostblock, hatte man uns gesagt, und vom Wahrheitsgehalt dieser Aussage konnten wir uns hier direkt überzeugen. Kein Staubkorn, kein verirrtes Blatt, kein Vogelkot auf den Pflastersteinen – nichts!
Wenn es eine Art Wahrzeichen für den Transnistrien-Konflikt gibt, dann wohl das des Panzers und der Glocke am Mahnmal wenige Hundert Meter östlich der Dniestr-Brücke. Oft wird behauptet, der Panzer wäre auf Moldau ausgerichtet, so ganz stimmt das aber nicht. Das Rohr zeigt fast genau nach Norden. Weil Bender aus dem restlichen transnistrischen Gebiet herausragt, liegt dort zwar ein Stück Moldau, aber kurz dahinter schließt schon wieder das eigene „Staatsgebiet“ an.
Der Busbahnhof
Wer wie ich ein Faible für den sowjetischen Baustil und Lost Places hat, sollte den Busbahnof (Автовокзал) in Bender auf keinen Fall auslassen. Früh morgens und spät abends steigen hier die Berufspendler in die Busse Richtung Moldau, dazwischen passiert eigentlich den ganzen Tag lang nichts. Ein häufig anzutreffender Kontrast in vielen Staaten Osteuropas: oberflächlich gesehen geht das Gebäude fast schon als Ruine durch, aber der Betrieb läuft wie gewohnt weiter…
Der vergilbte Plan ließ erahnen, welche Bedeutung dieser Busbahnhof einmal gehabt haben musste. Das abgebildete Streckennetz deckte alle größeren Städte Moldaus ab und reichte über Odessa sogar bis nach Mykolajiw (Николаев) in der Ukraine, etwa 245 Kilometer von Bender entfernt. Heute beschränken sich die Verbindungen meist auf Ziele innerhalb Transnistriens. Die internationalen Verbindungen enden eher in Tiraspol als in Bender, wobei Direktverbindungen zwischen Chișinău und Odessa meist sowieso einen Bogen um Transnistrien machen.
Ganz nach dem Vorbild europäischer Metropolen wurde auch dieser Busbahnhof einer Mischnutzung zugeführt. In der Halle konnte man deswegen nicht nur auf den Bus warten, sondern auch Möbel kaufen und in der Столовка СССР (Kantine der UdSSR) zu Mittag essen.
Ein sowjetisches Schließfachsystem, ganz ohne Elektronik 🙂
Hinter dem Busbahnhof boten einige umherziehende Händler ihre (Eisen-)Waren an. Das Durchschnittseinkommen liegt bei nur etwa 200 Euro im Monat. Würde Transnistrien international anerkannt und in den internationalen Statistiken auftauchen, läge es in Europa noch hinter dem momentanen Schlusslicht Moldau. Der absolute Großteil der Bevölkerung hat mehrfach einem Anschluss an Russland zugestimmt, Russland wurde formal um die Aufnahme Transnistriens in dessen Staatsgebeit gebeten, allerdings kam es bislang nicht dazu. Im Gegensatz zur Krim dürfte eine Annektion Transnistriens ausschließlich große Probleme mit sich bringen, für Russland aber keinen Nutzen haben.
Wie angespannt die Lage ist, zeigt folgendes Beispiel: 2015 gab die transnistrische Zentralbank anlässlich des 70. Jahrestages des Sieges der Sowjetunion über das Deutsche Reich neue Banknoten aus, welche auf der Vorderseite einen sowjetischen militärischen Verdienstorden an einem Sankt-Georgs-Band zeigen. Dieses Symbol wird aber auch von den pro-russischen Separatisten in der Ukraine verwendet und ließ viele Ukrainer annehmen, Transnistrien würde sich demnächst zu einem weiteren Konflikt in ihrer Nähe ausweiten.
Während der Weiterfahrt passierten wir das Sheriff-Stadion. Der Sheriff-Konzern (Шериф) dominiert die transnistrische Wirtschaft, als Monopolist betreibt er Tankstellen, Supermärkte, Mobilfunkunternehmen, die Textilproduktion und einen Fernsehsender. Daneben gehören ihm auch das größte Fußballstadion in Transnistrien bzw. Moldau sowie der Fußballclub FC Sheriff Tiraspol. Eigenen Angaben zufolge soll sich der Name des Konzerns aus der früheren Tätigkeit der beiden Gründer Wiktor Guschan und Ilja Kasmaly, beide ehemalige Polizisten, ableiten, wobei „Polizist“ ein Euphemismus für „KGB-Agent“ sein soll. Einer anderen Theorie zufolge soll das Unternehmen in Wahrheit dem ehemaligen Präsidenten Igor Smirnow gehören, welcher mit Vorliebe Western-Filme konsumiert haben soll.
Die Wirtschaft Transnistriens hängt stark von einer mehr oder weniger verdeckten Unterstützung durch Russland ab. Im Großen und Ganzen liefert Russland Rohstoffe (hauptsächlich Erdgas), die Schulden in Milliardenhöhe werden dann aber nicht eingefordert. Die meisten Transnistrier könnten die realen Preise für Strom und Gas sonst nicht bezahlen. Der Europäischen Union zufolge ist Transnistrien gar ein „schwarzes Loch, in welchem mit Menschen und Waffen gehandelt wird“. Ein guter Teil der Importe und Exporte soll angeblich über Mafia-ähnliche Schmugglerstrukturen laufen, beaufsichtigt und geduldet vom staatlichen, nach sowjetischem Vorbild organisierten Sicherheitsapparat.
Der Geheimdienst heißt hier noch KGB, Meinungsfreiheit gibt es hauptsächlich auf dem Papier, den meisten religiösen Gemeinschaften wird eine Zulassung verweigert. In der Vergangenheit wurden der Regierung häufiger schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, die Lage soll sich allerdings seit etwa 2010 spürbar gebessert haben. Die früher an den Grenzposten allgegenwärtige Korruption soll sogar fast vollständig verschwunden sein.
Der Dnister
Die De-Facto-Grenze verläuft grundsätzlich entweder in der Mitte des Dnister oder westlich davon, weswegen Moldau den Fluss nicht als Transportweg in Richtung des Schwarzen Meeres nutzen kann. Gleichzeitig ist der direkte Zugang zum Schwarzen Meer im Süden durch das Territorium der Ukraine versperrt. Angeblich soll die im Niedergang befindliche Sowjetunion durch die Unterstützung Transnistriens versucht haben, die Republik Moldau so weit wie möglich von allen nützlichen Verkehrswegen abzuschneiden und dadurch wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Falls das wirklich so beabsichtigt war, ist der Plan auf jeden Fall aufgegangen. Bei unserem Kurzbesuch waren nur einige wenige Schiffe zu sehen, ansonsten lagen Fluss und Infrastruktur ungenutzt brach.
Das ehemalige Hafengebäude war nur noch eine Ruine, in welcher sich Jugendliche und Obdachlose – eher erfolglos – vor der Polizei zu verstecken versuchten. Als wir das Gelände kurz betreten wollten, kamen uns auch schon zwei Polizisten entgegen.
Ein eher seltener Anblick: Ein Denkmal für die Opfer des Holocausts. Rumänien deportierte ab 1941 als Verbündeter des Deutschen Reiches etwa 185.000 Menschen nach Transnistrien und überließ diese dort ihrem Schicksal. Für die meisten bedeutete dies den Tod im harten Winter 1941/42.
Mehr Sowjetunion als in der Gegend um den ehemaligen Hafen von Bender gibt es wohl sonst kaum irgendwo zu sehen. Plattenbauten mit Sowjet-Symbolen, alte LKWs und Denkmäler – Postkartenmotive gibt es auf jeden Fall genug.
Tiraspol
Wir fuhren weiter in die Hauptstadt, mit knapp 150.000 Einwohner gleichzeitig die größte Stadt Transnistriens und aus moldauischer Sicht die zweitgrößte Stadt Moldaus. Die Sehenswürdigkeiten konzentrieren sich um die Straße des 25. Oktobers (улица 25 Октября), dem Tag der Machtergreifung der Bolschewiken in St. Petersburg. Den Anfang machte der städtische Kulturpalast (Городской Дворец Культуры), eine in so gut wie jeder sowjetischen Stadt vorhandene öffentliche Einrichtung.
Unweit davon befindet sich das Denkmal für den großen russischen Feldherrn Alexander Wassiljewitsch Suworow-Rymnikski (Памятник Суворову). Übrigens auch in Europa kein Unbekannter, die Schweiz gedenkt dem General mit dem Suworow-Denkmal in der Schöllenenschlucht und einem Reiterstandbild auf dem Gotthard-Pass gleich zwei Mal.
Vor dem Parlamentsgebäude steht immer noch eine große Lenin-Statue.
Ebenfalls obligatorisch: Das Ruhmesdenkmal zur Erinnerung an den Sieg über des Dritte Reich und die Gefallenen aus anderen Kriegen, stilecht mit einer ewigen Flamme. Wer sich häufiger in Osteuropa aufhält, beginnt irgendwann damit, diese Denkmäler zu ignorieren. Es gibt einfach viel zu viele, die meisten lassen sich auch kaum voneinander unterscheiden. Ich muss es leider zugeben: Ohne den Sieg über Hitler und den darauf folgenden kalten Krieg würde ein guter Teil der sowjetischen Kunst und Kultur wohl nicht existieren. Nicht wenige Städte wären zu gesichtslosen Betonwüsten verkommen, wenn es nicht wenigstens einen Siegespark oder ein großes Ruhmesdenkmal geben würde 🙁
Im Detail gab es in Tiraspol aber doch einige Unterschiede zu sehen. Auf den Gedenktafeln waren zusätzlich nicht nur die Namen der während des Transnistrien-Konfliktes gefallenen Kämpfer aufgelistet, sondern es gab auch ein eigenes Denkmal für die Gefallenen des ersten Afghanistan-Krieges. Viele erinnern sich ja nicht mehr an den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan und den folgenden, zehn Jahre andauernden Kriegszustand, aus welchem die Taliban als Sieger hervorgingen.
Der alte Panzer vom Typ T-34 trägt die Aufschrift за родину, auf Deutsch „Für das Heimatland“.
Wahrscheinlich einer der seltensten Anblicke überhaupt: Die Botschaften Südossetiens und Abchasiens in einem Gebäude, zusammen mit der örtlichen Vertretung der Gemeinschaft nicht-anerkannter Staaten. Mehr „nicht anerkannt“ auf einem Fleck geht nicht 🙂
Das zweite „Must-Have“ jeder sowjetischen Stadt neben dem Kulturpalast: Das Haus der Sowjets (Дом Советов). Hier sitzt die Stadtverwaltung, kontrolliert von Lenins strengem Blick.
Direkt daneben befindet sich das Denkmal für die 23 Ehrenbürger der Stadt Tiraspol. Dazu gehört angeblich auch einer der Geschäftsführer des lokalen Spirituosenherstellers KVINT, dessen Weine und Brandies auch im Ausland bekannt sind. KVINT gilt als Nationalsymbol – ein Bild der Brauerei findet sich auch auf der Rückseite der Fünf-Rubel-Note.
Auf der Rückfahrt nach Chișinău passierten wir die Festung von Bender. Diese befindet sich mitten in der Pufferzone zwischen Moldau und Transnistrien und wurde zum Zeitpunkt unseres Besuches noch von russischen Grenzposten bewacht, soll aber mittlerweile auf einfache Art und Weise für Touristen zugänglich sein. Die notwendigen Restaurierungsarbeiten wurden aber wohl noch nicht durchgeführt.
Mit diesen Bilder verabschiede ich mich aus Transnistrien. Im nächsten Artikel wird es dann wieder etwas gefährlicher, und es geht auch wieder unter die Erde… 😉
Dieser Artikel wurde von Simon für One Man, One Map geschrieben. Das Original befindet sich hier. Alle Rechte vorbehalten.
Hallo, die Ausreise aus Moldawien nach Transit aus der Ukraine über Transnistrien ist kein Problem. Ich wurde am Flughafen Chisinau sehr nett behandelt und bekam ohne Probleme meinen Stempel. (Russischkenntnisse schaden natürlich nicht)
Hallo,
ich habe auch schon gehört, dass es mittlerweile eine Art „Kulanzfenster“ von 72 Stunden geben soll. Wer innerhalb dieses Zeitraums wieder aus der Republik Moldau ausreist und das entsprechend belegen kann, bekommt keine Probleme. Im Nachtzug aus Odessa bekommt man wohl gar keinen Einreisestempel mehr. Wer länger als die 72 Stunden in Moldau bleiben will, hat sich selbst zu registrieren. Ich kann mir gut vorstellen, dass es – je nach Reiseroute, Sprachkenntnissen und eventuellen Öffnungszeiten der zuständigen Beamtenstuben – dann einfacher sein kann, wie wir erst ganz normal nach Moldau einzureisen. Zumal man in diesen Gefilden ja auch nie ganz sicher weiß, ob nicht morgen wieder alles anders läuft…
Ich werde den Artikel bei Gelegenheit mal entsprechend aktualisieren.
Die politische Lage zwischen Moldawien und der autonomen Republik Transnistrien scheint sich entspannt zu haben. In Chisinau sahen wir mehrere Autos mit Nummernschilder von Transnistrien, auch kaufte ich einen Weinbrand des Herstellers „KWINT“ mit Herstellerangabe der Brennerei in Tiraspol und als Produkt Moldawiens bezeichnet. In Chisinau wurde ich jedoch von der Reiseleiterin und der Rezeptionistin gewarnt nach Transnistrien zu reisen. Das reizt mich jedoch doppelt. Aber eher 2020.
Die Situation hatte sich ja schon seit Jahren eingefahren und normalisiert. Transnistrier pendeln jeden Tag zur Arbeit nach Moldau, Touristen fahren jeden Tag nach Transnistrien, Moldau bezieht fast seinen gesamten Strom vom durch Transnistrien besetzten Staudamm, und Moldau will den Konflikt beilegen um endlich einen EU-Beitritt angehen zu können. Ich habe eben ein bisschen recherchiert und herausgefunden, dass transnistrische Autokennzeichen und Universitätsabschlüsse seit etwa einem halben Jahr in Moldau zur Anerkennung eingereicht werden können.
Der Warnung kann ich mich definitiv nicht anschließen. Transnistrien ist wahrscheinlich die sauberste und ordentlichste Ecke im ganzen ehemaligen Ostblock. Wir hatten keinerlei Probleme und wurden immer korrekt und zuvorkommend behandelt, besonders von Uniformträgern.
Hallo,
ein schöner Bericht! Klingt sehr interessant und ich habe vor, Tiraspol zu bereisen. Ich werde von Chisinau morgens mit dem Bus oder Zug nach Tiraspol fahren, dort dann den Tag verbringen und am Nachmittag dann weiter Richtung Odessa fahren. Ich habe gehört, es sollte keine Probleme mit der Einreise in die Ukraine geben, obwohl der Pass von Transnistrien nicht gestempelt wird und ich somit keinen Ausreisestempel aus Moldawien bekomme. Ich habe allerdings auch gehört, dass in der ukrainischen Grenzstation auch moldawische Grenzbeamten sitzen sollen und dann eben dort den Ausreisestempel erteilen.
Wenn jemand mehr weiß, kann er mir hier gerne antworten 🙂