(Meine Route innerhalb Japans findet ihr hier, eine generelle Übersicht über das Land hier.)
Tokio – mit 38 Millionen Einwohnern eine der größten Metropolen der Welt. Eine Stadt dieser Größe passt nicht nur nicht in einen einzigen Artikel, sondern sieht bei Tag völlig anders aus als nachts und fühlt sich auch völlig anders an. Nachdem es im letzten Artikel schon Tokio bei Tag zu bestaunen gab, folgt heute: Tokio bei Nacht! Meiner Ansicht nach sind nachts sogar die schöneren Bilder entstanden… 🙂
Tokyo Metropolitan Government Building (東京都庁舎)
Wenn in einer Stadt die Bevölkerungszahl eines ganzen Landes lebt (Polen und Irak haben auch 38 Millionen Einwohner, ganz Australien nur 25 Millionen…), tut es ein einfaches Rathaus natürlich nicht mehr. Tokio steht unter Selbstverwaltung und hat effektiv eine eigene Lokalregierung, welche natürlich der Zentralregierung untersteht, aber mehr Privilegien als die anderen Präfekturen in Japan hat.
1988 entschied die Stadt, ein neues Verwaltungsgebäude zu errichten. Zweieinhalb Jahre später, im Dezember 1990, wurde das eine Milliarde Dollar teure, 243 Meter hohe Gebäude eröffnet. Das Design stammt vom Stararchitekten Kenzō Tange, welcher beispielsweise auch das Peace Center in Hiroshima, das Yoyogi National Gymnasium in Tokio, das Gelände der Expo ’70 in Osaka und den obersten Gerichtshof von Pakistan geplant hatte. Für die Statik war Kiyoshi Mutō zuständig, als „Vater des Japanischen Wolkenkratzer“ besonders für Erdbebensicherheit bekannt. Man hat sich also an allen Seiten nicht lumpen lassen, und das merkt man auch. Das Gebäude sieht allein von unten schon atemberaubend aus, auch wegen der perfekten Beleuchtung. Ich musste mich unten erst mal hinter den anderen Fotografen anstellen 😯
Jeweils im 45. Stockwerk beider Türme befinden sich kostenlose Aussichtsplattformen, von welchen aus man aus einer Höhe von 202 Metern über die Stadt blicken kann. Die Plattformen sind jeden Tag bis 23:00 Uhr geöffnet, allerdings jeden Tag abwechselnd.
Shinjuku (新宿区)
Dieser Stadtteil ist neben der höchsten Konzentration an Wolkenkratzern unter Anderem für seine Golden Gai (新宿ゴールデン街, Goldene Straße) bekannt, kleine Straßen voller kleiner Bars und Musikclubs.
Hauptsächlich geht es aber mal wieder um Shopping, Shopping, Shopping. Die Läden hatten auch spät nachts noch geöffnet.
Auf folgendem Bild versteckt sich übrigens Godzilla 😉
Suntory ist nicht nur Japans größter Whisky-Produzent, sondern stellt auch eine ganze Reihe von anderen Getränken her. Das schlimmste von allen ist Boss Coffee – nicht, weil der Kaffee so schlecht wäre, ganz im Gegenteil. Man bekam ihn jederzeit kalt oder warm in Glasflaschen, häufig für gerade mal 130 Yen (ca. 1 Euro), und oft auch gleich in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Das Zeug macht extrem süchtig 😯
Auch rund um die Uhr im Verkauf: Mangas (漫画). Ich habe zwar lange nicht so viele Mangalesende Schüler im Stadtverkehr gesehen wie ich erwartet hätte, aber allein schon die Tatsache, dass wirklich jeder noch so kleine Supermarkt ein Regal davon herumstehen hatte, sagt ja auch schon was. Angeblich wird in Japan mehr Papier für die Herstellung von Mangas verbraucht als für Toilettenpapier, was aber eigentlich kein Wunder ist. Zum einen kommt schon der durchschnittliche Deutsche mit einer Rolle Toilettenpapier recht lange aus, wer also täglich eine Zeitung liest, schafft das auch locker. Zum anderen verwenden japanische Toiletten ja häufig Wasser statt bzw. neben Toilettenpapier.
Der durchschnittliche Mangaka (漫画家) zeichnet übrigens in jeder wachen Stunde und hat angeblich genau ein Mal pro Woche frei: am Samstag für drei Stunden 😯
Wer schon das Gefühl hat, dass die lokale Dönerbude alles liefern kann, der hätte mal dieses Restaurant sehen sollen…
Shibuya (渋谷区)
Apropos Essen, mittlerweile hatte ich mich nach Shibuya vorgearbeitet und so richtig Hunger. In diesem Stadtteil befindet sich der angeblich größte Fußgängerübergang der Welt. Diese „Alle-Gehen-Kreuzung“ überqueren pro Ampelphase (!) bis zu 15.000 Menschen. Ich habe mir bei dem schlechten Wetter und den vielen anderen Touristen allerdings die Fotos gespart…
Alleine auf den Straßen Tokios soll es eine Million Verkaufsautomaten geben. Bei manchen weiß man nicht mal, was drin ist, so wie hier. Münze rein, ins Loch greifen, Überraschung 😉
Sensō-ji Tempel (浅草寺)
Tokios ältester und bedeutendster Tempel liegt im Stadtteil Asakusa (浅草). Das Gelände umfasst mehrere Tore, Tempel und die von Verkaufsständen gesäumte Nakamise-dōri (仲見世通り). In der Nachbarschaft schließen weitere Straßenzüge mit historischen Gebäuden an.
Mal sehen, was die Zukunft heute bringt. Trommel nehmen und gut schütteln, …
… den herausragenden Stab ziehen und das Symbol ablesen, …
… die zugehörige Schublade öffnen, …
… und die schlechte Prophezeiung lesen. Verdammt, das sieht ja gar nicht gut aus 😯 Da muss man doch was dagegen tun können!
Puh, zum Glück. Die schlechte Prophezeiung kommt wie üblich an den Draht und wird damit (hoffentlich) neutralisiert. Nachdem ich während meines restlichen Aufenthalts keine Probleme hatte, hat es wohl funktioniert 🙂
Akihabara
Wer sich für Elektronik, Photographie, Computerspiele, Anime und Mangas interessiert, stolpert unweigerlich über Akihabara. Von vielen wird es als das Mekka bezeichnet, aber ich war eigentlich recht enttäuscht. Das Areal ist viel kleiner als meist dargestellt, und vor Allem im Vergleich mit Shinjuku hält sich die Zahl der Elektronik- und Photographiefachgeschäfte sehr in Grenzen.
Statt dessen sind über die Jahre viele Otaku– und Maid-Cafés eingezogen, also Spezial-Cafés für Manga- und Anime-Fans, in welchen man sich stilecht von jungen Mädchen (meist im Kostüm eines französischen Dienstmädchens) bzw. Jungen (oft in Marine-Uniformen) bedienen lassen kann. Die Mädchen machen in ihren Uniformen auf der Straße Werbung und sind ein sehr beliebtes Fotomotiv, aber man konnte vielen schon im Gesicht ansehen, dass sie diese Art von Aufmerksamkeit nicht wirklich schätzen. Genau so war es mit den Betreibern vieler Geschäfte, welche Touristen auch gerne mal aus dem Laden warfen, sobald sich abzeichnete, dass diese nichts kaufen wollten. Insgesamt keine wirklich schöne Erfahrung.
Roppongi Hills (六本木ヒルズ)
Hier standen mal sechs Bäume (Roppongi bedeutet wörtlich übersetzt Sechs Bäume), aber drei wurden gefällt und die anderen drei fielen dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer. Heute müsste man die ganze Gegend wohl in Sechs Wolkenkratzer umbenennen.
Schön am Ende der Straße zu sehen: Der Tokyo Tower.
Tokyo Tower (東京タワー)
Dieser Fernseh- und Aussichtsturm ist schon seit 1958 eines der Wahrzeichen von Tokio. Die Konstruktion sieht nicht nur zufällig aus wie der Eiffelturm, sondern war diesem nachempfunden. Direkt in der Nähe befindet sich der Shiba-Park (芝公園) mit dem Zōjō-ji Tempel.
Odaiba (お台場)
Eigentlich kaum vorstellbar: Der japanischen Wirtschaft geht es zur Zeit der Expo ’85 in Tsukuba so gut, dass die direkt vor Tokio im Meer aufgeschüttete künstliche Insel von einer Hafenanlage zu einer Art „Zentrum des futuristischen Lebens“ werden soll. Nur sechs Jahre und ganze zehn Milliarden Dollar später war der Traum schon wieder geplatzt, von 1991 bis 1995 war die ganze Insel quasi verlassen. Die 1993 fertiggestellte und 800 Meter lange Rainbow Bridge (レインボーブリッジ), welche zwischen Shibaura (芝浦) und Odaiba die Bucht von Tokio überspannt, war fast schon sinnlos.
Erst um die Jahrtausendwende gelang es, das ganze Areal in ein Vergnügungsviertel zu verwandeln und an den Nahverkehr anzuschließen. Restaurants, Geschäfte, Hotels und die Fuji TV Studios siedelten sich an. Es gibt sogar Sandstrände, an welchen man auch schwimmen darf. Ich habe die gesamte Brücke zu Fuß überquert, was gar nicht so einfach war. In Shibaura befindet sich der Zugang für Fußgänger und Radfahrer in einem der Brückenpfeiler, welcher auf einer kleinen Insel weit vom nächsten Bahnhof steht. Letztendlich bin ich die 1,4 Kilometer von der U-Bahn-Station Tamachi (田町駅) gelaufen. Auf Odaiba kann man die Regenbogenbrücke über eine kleinere Brücke wieder verlassen und landet direkt am Odaiba Beach.
An einem der Strände befindet sich eine Nachbildung der Freiheitsstatue. Eigentlich hatten die Franzosen den Japanern nur eine Leihgabe nach Tokio geschickt, um das „Französische Jahr in Japan“ zu feiern, aber den Japanern gefiel die Statue so gut, dass sie nach der Rückgabe einfach eine eigene Kopie bauten. Die Regenbogenbrücke im Hintergrund ähnelt auch irgendwie Manhattan Bridge, von hier aus gesehen könnte man also fast denken, man wäre gar nicht mehr in Tokio, sondern in New York…
Hoch hinaus (ganze 115 Meter) geht es auch mit Daikanransha (大観覧車), dem Riesenrad neben Palette Town. Bis zur Eröffnung des London Eye war es kurz das höchste Riesenrad der Welt, mittlerweile sieht es neben dem High Roller in Las Vegas (167 Meter) aber nur noch klein aus.
Wieder mal Glück gehabt: Der animierte RX-0 Unicorn Gundam Mecha vor der DiverCity Tokyo Plaza, benannt nach dem gleichnamigen Manga- und Anime-Universum, war wieder zurück!
Und wo wir schon bei Monstern sind: Schon mal eine Monsterkatze gesehen? Nein? Dann wird es im nächsten Artikel interessant 😉
Dieser Artikel wurde von Simon für One Man, One Map geschrieben. Das Original befindet sich hier. Alle Rechte vorbehalten.
Super! Beeindruckende Fotos und toll geschrieben!