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Meine Reiseroute innerhalb Japans findet ihr hier
Wegen der schlechten Wettervorhersage hatte ich ja alle meine Tagesausflüge ab Tokio direkt auf die ersten Tage meiner Japan-Rundreise verschoben. Enoshima war auch mit einem Regionalzug in unter einer Stunde zu erreichen gewesen, aber bis zum Vulkan Hakone fährt man über 100 Kilometer… Glücklicherweise war mein JR Pass schon gültig, also bin ich früh morgens am Tokioter Hauptbahnhof in einen Shinkansen gehüpft und nach Odawara (小田原市) gefahren.
Seit 1919 fährt die Hakone-Tozan-Linie (箱根登山鉄道線, Hakone Tozan Tetsudō-sen), die älteste Bergbahn Japans, von dort aus in einer Mischung aus Schmal- und Normalspur auf den Vulkan Hakone. 1930 wurde die heute noch genutzte, 15 Kilometer lange Strecke bis Gōra (強羅) vollendet. Weiter geht es dann mit der Hakone-Tozan-Standseilbahn (箱根登山ケーブルカー, Hakone Tozan Kēburukā) und der Hakone-Seilbahn (箱根ロープウェイ, Hakone Rōpuwei) bis an die Spitze der Vulkanlandschaft von Ōwakudani (大涌谷, deutsch Großes Kochendes Tal).
Wer sich von den Bildern an die Schweiz erinnert fühlt, wird noch von einer Überraschung in dieser Richtung lesen können, aber so viel schon mal vorab: die Japaner sind noch besser organisiert als die Schweizer! Im Hakone Freepass sind alle Fahrten mit allen Bahnen, Bussen und Schiffen im ganzen Umkreis sowie viele Vergünstigungen enthalten. Beim Kauf in Odawara kostete der Pass 4.000 Yen (knapp 30 Euro), inklusive Bahnfahrt ab Shinjuku in Tokio 5.140 Yen (knapp 38 Euro) für zwei Tage. Für 500 Yen Aufpreis (ca. 3,70 Euro) konnte man um einen dritten Tag verlängern.
Wer wenig Zeit hat, kann also für unter 40 Euro an einem einzigen Tag von Tokio nach Odawara fahren, mit der Hakone-Tozan-Linie weiter nach Gōra, mit der Standseilbahn nach Sōunzan (早雲山), von dort mit der Seilbahn über Ōwakudani hinunter an den Ashi-Kratersee (芦ノ湖), mit dem Schiff nach Hakone-Machi (箱根町) oder Moto-Hakone (元箱根), und von dort mit Bus und Zug pünktlich zum Abendessen wieder zurück nach Tokio. Auch für Ausländer kein Problem, alles ist gut gekennzeichnet und überall liegt Informationsmaterial in mehreren Sprachen aus.
Zwischen Odawara und Hakone-Yumoto (箱根湯本) verkehren die Züge als Schmalspurbahn (1.067 Millimeter Kapspur), aber auf den sehr hohen Steigungen wurde Normalspur verlegt, damit genug Platz für die starken Antriebsmaschinen vorhanden war. Zwischen Iriuda (入生田) und Hakone-Yumoto überlappen sich die Spurweiten auf einer Länge von fast zwei Kilometern.
Im Bahnhof Hakone-Yumoto hieß es in die starken Bergbahnen umsteigen. Auf nur neun Kilometern legen diese 445 Höhenmeter zurück, bei Steigungen von bis zu 8% – ohne Zahnstangen, und mit einer Fahrdrahtspannung von nur 750 Volt 😯
Eine große Besonderheit sind die drei Spitzkehren. Die Bahn kann die großen Höhenunterschiede nicht in einem Zug überwinden, weil dafür nicht genug Platz zur Verfügung steht. Die notwendigen Tunnel, Kehren und Brücken wären auch zu teuer gewesen und hätten die Aussicht auf den Fuji-Hakone-Izu Nationalpark (富士箱根伊豆国立公園) verschandelt. Deswegen führt die Strecke im „Zick-Zack“ den Berg hinauf, die Züge müssen immer wieder bis ans Gleisende fahren, eine Weiche wird umgelegt, und es geht ganz ohne Kurve rückwärts in eine andere Richtung weiter.
Einige der Spitzkehren haben mehrere Gleise, damit die Züge auf der eingleisigen Strecke aneinander vorbeifahren können. Der Bahnhof Ohiradai (大平台駅) liegt sogar in einer der Spitzkehren.
Es kommen verschiedene Baureihen zum Einsatz, die Züge fahren in vergleichsweise kurzen Abständen. Unterwegs mal aussteigen und den Zug wechseln war kein Problem. Gründe dafür gibt es mehrere, beispielsweise einen Besuch im Hakone-Open-Air-Kunstmuseum (彫刻の森美術館) beim Bahnhof Chōkoku-no-mori (彫刻の森駅).
Hm, also irgendwie sehen die Garnituren denen der Berninabahn oder des Glacier-Express ähnlich. So ähnlich, dass man in den Waggons sogar davon lesen kann…
Tatsächlich war die Rhätische Bahn beim Bau der Hakone-Tozan-Linie ein Vorbild, und beide Eisenbahngesellschaften arbeiten schon seit 1979 zusammen, um den Tourismus zu fördern. Wo man hinschaut, gibt es Hinweise auf die Partnerbahn. Die Rhätische Bahn hatte ihre Lokomotiven zeitweise im japanischen Design bedruckt, und am Endbahnhof Gōra wusste ich nicht mehr, ob ich noch in Japan war oder es mich durch ein Wurmloch nach St. Moritz (サンモリッツ) verschlagen hatte…
2019 wird die Hakone Tozan Linie 100 Jahre und die Berninabahn 111 Jahre alt. Ein guter Grund, eine Fahrt mit mindestens einer der beiden Linien einzuplanen 🙂
Im nächsten Artikel geht es dann mit Standseilbahn und Seilbahn hoch bis an die Spitze von Ōwakudani, in das Reich des Schwefels und anderer giftiger Dämpfe…. 😉
Dieser Artikel wurde von Simon für One Man, One Map geschrieben. Das Original befindet sich hier. Alle Rechte vorbehalten.