Seoul: Oppan Waschbär Style!

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Der Flug von Peking nach Seoul dauerte nur knapp eine Stunde, und mit der U-Bahn ging es vom Flughafen Gimpo direkt zur Unterkunft. Bei meiner Ankunft hatte es schwüle 29 Grad und man konnte den Smog schon in den Lungen spüren.

Wahrscheinlich wissen nur wenige, dass Seoul zu den Städten mit der schlechtesten Luftqualität der Welt gehört. Im März 2017 lag die Stadt kurzzeitig auf Platz zwei der Negativliste, nur geschlagen von Neu Delhi, und weit vor Peking und Schanghai. Lange Zeit machte die südkoreanische Regierung die Abgase aus China dafür verantwortlich, aber mittlerweile ist bekannt, dass etwa 70% der Abgase selbst verursacht werden. Die Südkoreaner fahren eben gerne große Autos und verbrauchen viel Strom aus Kohlekraftwerken.

Unterkunft, Fortbewegung, Geld

Die nächsten sechs Tage verbrachte ich im Hongdae Style Guesthouse im Stadtteil Hongdae, direkt im „Vergnügungsviertel“. Die Unterkunft war sehr gut gelegen und das Zimmer groß genug, der Besitzer sehr, sehr freundlich, und es gab eine Küche.

Seoul hat ein ausgedehntes U-Bahn-Netz. Bezahlt wird entweder mit Einzeltickets, diese kosten aber 500 Won (ca. 35 Euro-Cent) Pfand und man muss sich das Pfand an einem Automaten wieder zurückholen. Wer länger in der Stadt bleibt, holt sich eine aufladbare T-Money-Karte. Mit dieser kann man auch alle möglichen anderen Dinge online und offline bezahlen (hinten sind eine Art Kreditkartennummer und eine PIN aufgedruckt), und teilweise auch in anderen Städten mit dem Nahverkehr fahren.

Über die vielen Gasmasken an jeder Ecke sollte man sich nicht wundern, immerhin befindet man sich nur etwa 60 Kilometer von der Demilitarisierten Zone. Falls die Nordkoreaner angreifen, gehen innerhalb einer Stunde Zehntausende Artilleriegeschosse auf Seoul nieder, und die U-Bahn muss (wie in Moskau) als Bunker herhalten.

„Bezahlen“ ist übrigens so ein Thema in Südkorea. Es gibt eine unüberschaubare Zahl von Bezahlkarten und Bezahlsystemen, und Kreditkarte ist nicht gleich Kreditkarte. In Südkorea wird zwischen den eigenen (Domestic) und ausländischen (Foreign) Kreditkarten unterschieden. Die koreanischen Karten haben viele Zusatzfunktionen, Geldautomaten und Online-Bezahlsysteme akzeptieren gerne nur koreanische Kreditkarten. Man sollte sich direkt am Flughafen einen Automaten suchen, welcher ausländische Karten akzeptiert, und einen großen Stapel Geld holen.

Hongdae

In diesem Stadtteil liegt die Hongik-Universität, und wahrscheinlich ist deswegen hier ein Vergnügungsviertel entstanden. Die Straßen waren zu fast jeder Uhrzeit voller Menschen, welche auf dem Weg zu irgendwelchen Läden, Verkaufsstände, Restaurants und Spielhöllen waren. Besonders „in“ bei den Jugendlichen waren übrigens gerade Tennissocken. Ja, genau, die Tennissocken aus den Neunzigern mit den bunten Ringen.

Wer ein K-Pop-Star werden will, muss früh anfangen und sich im harten Wettbewerb hocharbeiten. Schon mehr als eine Karriere hat ganz klein in einer Fußgängerzone begonnen.

Wer sich – aus welchem Grund auch immer – mal abreagieren muss, sollte dem Seoul Rage Room einen Besuch abstatten. Hier kann man mit dem Baseballschläger auf Keramik und Elektronik losgehen, besonders beliebt sind wohl Drucker (verständlich) und Reiskocher (versteht man als Nicht-Asiate wohl eher weniger). Leider hatte der Rage Room geschlossen, als ich vor der Tür stand.

Animal Cafès

Sowas geht auch nur in Asien: Als Cafes getarnte Streichelzoos sind seit einigen Jahren mehr als in. Angefangen hat es wohl mit Katzen-Cafès in Japan, aber mittlerweile gibt es alles – Schafe, Erdmännchen, Capybaras, Eulen, und so weiter. Man sollte immer vorher im Internet nachsehen, ob die Tiere auch ordentlich gehalten werden. Ich war im Meerkat Cafè (Erdmännchen, Katzen, Waschbären, ein Känguru, Wildhunde) und im Sheep Cafè.

Von der Wildnis hatten diese Schafe wahrscheinlich noch nie etwas gesehen, dafür eher von einem Laufsteg…

Ihwa Mural Village

Dieser kleine Stadtteil war eigentlich völlig unbedeutend und wegen seiner Abgeschiedenheit und den alten Häusern fast schon ausgestorben. Dann startete das Ministerium für Kultur im Jahre 2006 ein Kunstprojekt, 70 Künstler gestalteten viele der Hauswände neu, und die Touristen standen Schlange. Ehemalige und neue Einwohner öffneten Cafes und Kunstgeschäfte, und es ging wieder bergauf.

Leider ging es vielen Anwohnern schnell ein bisschen zu stark bergauf. Die Touristen brachten nicht nur Geld, sondern auch Müll und Lärm. Schon 2007, nur ein Jahr nach dem Kunstprojekt, verlangten viele Anwohner, dass etwa die Hälfte der Kunstwerke wieder entfernt werden sollte. Verschiedene Filme und Fernsehsendungen machten einige der Kunstwerke so bekannt, dass die Anwohner diese aus Wut in Nacht- und Nebel-Aktionen entfernten. Künstler wehrten sich und fügten neue Kunstwerke hinzu, die Anwohner reagierten.

Die Ergebnisse dieses Kampfes kann man hier sehen: Das Mosaik des berühmten „Flower Staircase“ war einfach übermalt worden, und die Parolen an manchen Wänden sahen zumindest nicht sehr freundlich aus.

Poo Poo Land und Cafe

Im Poo Poo Land und dem angeschlossenen Cafe konnte man sich mal so richtig eingehend mit der menschlichen Verdauung beschäftigen. Kaffee aus kleinen Toiletten, eindeutig geformte Pfannkuchen und Kissen, hier gab es einfach alles.

Ich stand der ganzen Idee offensichtlich etwas skeptisch gegenüber…

Gwangjang Market

Einer der größten Märkte der Stadt und mit seinen mehr als 5.000 Läden und Ständen kaum zu übersehen. Die Straßen sind nach Themen aufgeteilt. Leider verkauften so ziemlich alle Essensstände ziemlich genau das selbe.

Yogyesa Tempel

Mit Religion haben es die Südkoreaner ja nicht so. Mehr als 50% der Bevölkerung sind Atheisten, knapp 30% Christen, und nur etwa 15% glauben an den Koreanischen Buddhismus. Die christlichen Kirchen sind meistens nur einfache Betonbauten mit Gebetsräumen. Man muss also im Gegensatz zu vielen anderen asiatischen Ländern schon sehr viel Glück haben, wenn man mal einen schönen Tempel zu Gesicht bekommt.

War Memorial

In dieser großen Anlage wird nicht nur an die Helden und Opfer des Koreakrieges (1950-1953) erinnert, sondern generell an die Geschichte des Südkoreanischen Militärs bis zu den aktuell laufenden Konflikten.

Das Militär hat in Südkorea eine sehr viel höhere Stellung als z.B. in Deutschland, immerhin befindet man sich faktisch ja immer noch im Krieg mit Nordkorea. Es gibt etwa 630.000 aktive Soldaten (so viele wie Pakistan und etwa vier mal mehr als in Deutschland), die Wehrpflicht dauert 24 bis 26 Monate. Die Militärausgaben liegen mit 30 Milliarden US-Dollar pro Jahr auf dem Niveau von Deutschland oder Brasilien.

Gangnam

Ganz ehrlich: Wenn es „Gangnam Style“ nicht gegeben hätte, würde wahrscheinlich kaum jemand diesen Stadtteil besuchen. Bis auf das COEX Aquarium gibt es keine echten Sehenswürdigkeiten, sondern nur Hochhäuser mit Konzernbüros und Einkaufszentren.

Direkt neben dem Gangnam Square liegt die Konzernzentrale von Samsung. Hier hatten Aktivisten ein ganzes Lager aufgeschlagen, um gegen die vielen Todesfälle in den Fabriken und den Zulieferbetrieben zu protestieren. Die Massenproduktion von High-Tech-Spielzeugen ist leider meistens auch mit giftigen Chemikalien, extremem Stress und niedrigen Löhnen verbunden.

In Seoul herrscht eine ähnliche Platznot wie in Tokio. Parkplätze sind Mangelware, also warum nicht einfach ein kleines Karussell installieren und den Platz vervielfachen?

Vermischtes

Mit dem Thema „Asiaten und ihre ständige Missachtung der Gefahren der Elektrizität“ könnte ich wahrscheinlich eine ganze Ausstellung füllen. Es war nicht ganz so schlimm wie in Thailand oder Taiwan, aber auch in Südkorea hat man stellenweise noch nicht sehr viel von Ordnung, Isolierung und Arbeitsschutz gehört.

Was da wohl unter dem „Real“ steht? Hm….

An das alte Rathaus von 1925 schließt mittlerweile ein gigantischer Bau aus Glas und Beton an.

Wusstet ihr schon, dass der Mikrochip („Verichip“) das Zeichen Satans ist? Nicht? ich auch nicht. Zum Glück erklärt dieser nette Herr es jedem, der es (nicht) wissen will!

Namsan Mountain

Vom Turm auf dem 265 Meter hohen Namsan Mountain hat man vor Allem nachts eine sehr gute Aussicht auf die Stadt. Hoch geht es eigentlich am Besten mit dem Bus – die Seilbahn startet erst etwa auf der Hälfte des Weges, wer mit der U-Bahn anreist darf sich dann erst noch das erste Stück den Berg hoch quälen.

Nächste Station? Die Demilitarisierte Zone!

Dieser Artikel wurde von Simon für One Man, One Map geschrieben. Das Original befindet sich hier. Alle Rechte vorbehalten.

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