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Wie bewegt man sich eigentlich in St. Petersburg angemessen fort? Metro? Hubschrauber? Panzer? Schiff? Oder vielleicht doch lieber mit dem U-Boot? In meinem letzten Artikel zu meiner Russland-Reise soll dieser Frage nachgegangen werden 😉
Mit der Tram
Die Straßenbahn ist alt, langsam und sehr ruckelig, aber als Tourist hat man ja Zeit. Eine Fahrt kostete 40 Rubel (ca. 60 Eurocent), bezahlt wurde wie üblich bei der älteren Dame oder dem jungen Studenten direkt im Wagen.
Haltestellen mit Wartehäuschen gibt es kaum, meistens hält die Bahn einfach mitten auf der Straße. Die „Haltestelle“ ist einfach ein Schild. Ohne grundlegende Russischkenntnisse wird es hier etwas schwer, und wie in Jekaterinburg fahren die Bahnen früh morgens und ab etwa 20 Uhr viel seltener.
Man sollte aber nicht nur auf den Fahrplan der Bahnen achten: Die großen Brücken der Stadt werden nachts hochgeklappt, und damit die meisten Straßenverbindungen zwischen Nord und Süd getrennt! Gerade im Sommer bleibt es ja sehr lange hell, und wer zur „falschen“ Zeit über die Newa muss, darf dem Taxifahrer dann den zehnfachen Preis für den Umweg über die Autobahnbrücke weit vor der Stadt hinblättern 😯
Mit der Metro
Die Metro hat fünf Linien mit 67 Station und ist die tiefste U-Bahn der Welt. Das Newa-Delta ist sehr instabil und tief vermoort, deswegen liegen die Stationen im Schnitt noch tiefer als in Moskau. Also wieder minutenlang auf Rolltreppen stehen…
Ich war nur drei Tage in der Stadt, deswegen hatte ich auf ein Tagesticket verzichtet und nur einige Fahrmünzen für 45 Rubel (ca. 65 Eurocent) das Stück gekauft. In der Innenstadt liegen die Haltestellen ziemlich ungünstig und weit auseinander, ich war sowieso die meiste Zeit zu Fuß oder mit der Straßenbahn unterwegs.
Wie schon in den anderen beiden Artikeln zur Metro Jekaterinburg und der Moskauer Metro angedeutet, entstand die Metro von St. Petersburg größtenteils erst nach Stalins Tod. Die Schächte hatte man ab 1941 ausgehoben, aber da kam dann ein Weltkrieg dazwischen…
Die Architekten hatten nach Stalin wenig Lust auf den alten „Unterirdische Paläste“-Stil und gingen die Sache etwas ruhiger an. Besonders die neueren Haltestellen bestehen oft nur aus einem Tunnel mit automatischen Schiebetüren auf der linken und rechten Seite.
Ein gutes Beispiel für den Stil der 1960er Jahre ist die Haltestelle Mayakovskaya (Маяко́вская), benannt nach dem Dichter Wladimir Wladimirowitsch Majakowski. Die roten Mosaike sind die einzigen Details im ganzen Innenraum, und irgendwie fühlte ich mich mehr an den Großen Bruder aus Orwells „1984“ als an einen Dichter erinnert…
Mit dem Panzer
Vor dem Artilleriemuseum neben der Peter-und-Paul-Festung kann man Panzer in allen Größen und Formen besichtigen. Und zur Abwechslung kletterten mal keine Kinder darauf herum 😉
Falls das Museum die Panzer dann doch nicht verleihen möchte, steht der Besitzer dieses Panzertaxis gerne für einen Stadtbummel zur Verfügung. Das Motto des Unternehmens lautet „Sicherheit und Komfort“. Nachvollziehbar, würde ich sagen 🙂
Oder wie wäre es vielleicht mit einem kleinen Ausflug per Hubschrauber, Luftkissenboot, Motorrad oder Einrad? Der Hubschrauber war mir die 150 € dann doch nicht wert…
Schiff
In einer Stadt mit so viel Wasser und vielen Kanälen musste ich natürlich nicht lange laufen, bis ich über alle möglichen Angebote gestolpert bin. Kuchenfahrt hier, Hafenrundfahrt dort, für jeden Geschmack war etwas dabei.
Für die etwas sportlicheren Touristen wurden Kanufahrten organisiert. Ob die Aussicht von dort unten besonders gut war, kann ich nicht sagen, aber auf jeden Fall hatten die Paddler recht viel damit zu tun, der restlichen Schifffahrt auszuweichen…
Wem das alles zu langweilig ist: Wie wäre es mit einer Passage auf der Aurora (Аврора)? Gut, anfeuern muss man auf diesem über Hundert Jahre alten Panzerkreuzer noch selbst, aber dafür muss man dann auch ganz sicher keine Angst vor Piraten haben 🙂
Dieser junge Marinekadett schien sich über Handzeichen mit seinem Großvater an Land zu unterhalten – ein bewährtes System. Was sich die beiden wohl zu erzählen hatten?
U-Boot C-189
Dieses russische U-Boot wurde 1990 außer Dienst gestellt und war vor Kronstadt versunken. Ein Geschäftsmann und ehemaliger Marinesoldat hat das Wrack 2005 gerettet und in ein Museum umgewandelt. Drinnen erzählen gut gelaunte Veteranen vom Krieg, allerdings leider nur auf Russisch.
Glücklicherweise hatten sich nur wenige Touristen bis an den Steg verirrt, sonst muss man auch schon mal eine Stunde warten. In so einem U-Boot geht es schließlich ziemlich eng zu!
Der diesel-elektrische Antrieb. Mit vollem Tank konnte das U-Boot etwa 24.000 Kilometer weit fahren, dafür war man bei nur 15 km/h (aufgetaucht) dann aber auch mindestens zwei Monate unterwegs.
Endlich wird ein altes Rätsel gelöst: So sieht also eine U-Boot-Toilette aus! 😯
Der wahrscheinlich stabilste Herd der Welt. Wenn man den Topfdeckel festschnallt, kann man wahrscheinlich auch bei 45° Neigung noch Borschtsch kochen.
Ein Tauchgang mit diesem Anzug wäre sicher auch ein Highlight 🙂 Leider konnte ich nicht herausfinden, um welchen Typ und welches Baujahr es sich handelt :/
Mal einen Blick durch das Periskop werfen. Funktioniert sogar noch…
Wie lange wohl die Ausbildung an den ganzen Rädern, Hebeln und Knöpfen gedauert hat? Erinnert etwas an ein Flugzeug-Cockpit.
Als das Schiff 1953 in Dienst gestellt wurde, gab es weder Satellitennavigationssysteme noch Digitalcomputer. Man musste den Kurs von Hand berechnen und von Landkarten abmessen. Später kamen dann die ersten Taschenrechner zu Hilfe, wobei es hier aber eher wohl noch „Rucksackrechner“ heißen müsste 😉
Ein Blick durch eines der Torpedorohre.
Hier endete meine Reise und es ging über Moskau zurück nach Frankfurt. Es bleibt mir nur noch, mich mit der letzten Panoramaaufnahme des letzten Tages vom wunderschönen Russland zu verabschieden. до свидания!
Dieser Artikel wurde von Simon für One Man, One Map geschrieben. Das Original befindet sich hier. Alle Rechte vorbehalten.